Frage an Anja Hajduk von Martin G. bezüglich Umwelt
Wie positionieren Sie sich zu folgenden Themen:
1. Finanzierung und Zukunft der Tierheime
2. Grundlegende Neufassung des Tierschutzgesetzes inklusive Verbot von Manipulationen am Tier
3. Einführung einer bundesweiten Tierschutz-Verbandsklage
4. Erstellung und Umsetzung einer konkreten Strategie zum Ausstieg aus Tierversuchen
5. Verbot von Wildtieren im Zirkus
6. Entwicklung einer Nutztierstrategie, inklusive eines staatlichen Labels und Kopplung der Förderpolitik an den Tierschutz
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Tierwohl, die ich Ihnen hiermit gerne beantworte.
1. Finanzierung und Zukunft der Tierheime
Die Situation der Tierheime muss verbessert werden. Tierheime leisten wichtige und wertvolle Aufgaben und übernehmen kommunale Pflichtaufgaben, indem sie entlaufene Tiere verwahren und versorgen. Doch viele Tierheime sind überfüllt und haben existentielle Geldsorgen. Sie brauchen mehr Geld und klare, verbindliche Regelungen: Die Zuständigkeit für die Versorgung, Unterbringung und Kostenübernahme von Fundtieren oder sogenannten herrenlosen Tieren muss bundesweit besser festgelegt werden, sodass Tierheime ihre Ausgaben gerecht erstattet bekommen.
2. Grundlegende Neufassung des Tierschutzgesetzes inklusive Verbot von Manipulationen am Tier
Wir wollen ein Tierschutzgesetz, das diesen Namen auch verdient. Dafür haben wir einen eigenen Gesetzentwurf (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/097/1709783.pdf) erarbeitet. Wir wollen Tiere in ihrer Integrität schützen – und zwar um ihrer selbst willen und nicht nur zum Nutzen der Menschen.
3. Einführung einer bundesweiten Tierschutz-Verbandsklage
Wir setzen uns ein für ein bundesweites Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen. Bisher kann nur gegen ein vermeintliches „zu viel“ an Tierschutz geklagt werden, nicht auch gegen ein „zu wenig“. Mit dem Klagerecht können anerkannte Verbände endlich gerichtlich einklagen, dass Tierschutzrecht eingehalten wird. Wir setzen außerdem eine Bundesbeauftragte beziehungsweise einen Bundesbeauftragten für Tierschutz ein.
4. Erstellung und Umsetzung einer konkreten Strategie zum Ausstieg aus Tierversuchen
Wir setzen uns für einen Ausstieg aus Tierversuchen ein. Um Tierversuche durch tierfreie Forschungsverfahren zu ersetzen, brauchen wir eine Gesamtstrategie mit klaren Maßnahmen, Ziel- und Zeitvorgaben - wie die Niederlande es bereits vormachen.
Um die Gesamtstrategie auf eine tragfähige Basis zu stellen, müssen endlich die EU-Vorgaben zu Tierversuchen in Deutschland richtig umgesetzt und das Tierschutzrecht gestärkt werden. Ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten hat 18 gravierende Mängel bei der Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie gezeigt. Die Tierversuchs-Kommissionen, die die Behörden bei der Entscheidung über Tierversuche beraten, wollen wir paritätisch – mindestens zur Hälfte aus Vorschlaglisten von Tierschutzorganisationen – besetzen. Das verschafft Tierschutz mehr Gehör.
Unser oberstes Ziel ist es, tierfreie Versuchsmethoden weiterzuentwickeln und schneller anzuwenden. Die Forschung an Tieren erhält jährlich mehrere Millionen staatliche Mittel, alternative Methoden müssen mit nur wenigen Millionen für Erforschung und Weiterentwicklung auskommen. Wir wollen, dass diese Verteilung umgekehrt wird und tierleidfreie Forschung schneller anerkannt und zugelassen wird. Wo immer möglich, sollen tierfreie Forschungsverfahren verpflichtend angewandt werden müssen.
Der Paradigmenwechsel muss auch in Ausbildung und Lehre gelten. Studierende dürfen nicht zu Tierversuchen gezwungen werden. Tierversuche sollten nicht regulärer Bestandteil des Studiums sein, sondern nur bei Bedarf als Aufbaukurs angeboten werden. Tierversuchsfreie Verfahren und Ethikkurse sollten stärker beziehungsweise verbindlich Teil der Lehre sein.
Unseren aktuellen Beschluss zum Thema Tierschutz finden Sie hier: www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/170620_Tierschutz.pdf
5. Verbot von Wildtieren im Zirkus
Wir setzen uns seit langem für ein Wildtierverbot im Zirkus ein. In Ländern wie Österreich, Großbritannien oder Bulgarien ist die Wildtierhaltung in Zirkussen bereits seit Jahren verboten. Wir wollen die Qual der Wildtiere im Zirkus in Deutschland beenden. Es gibt genügend Beispiele für Zirkusunternehmen, die allein durch ihre Akrobaten und Showeinlagen überzeugen.
6. Entwicklung einer Nutztierstrategie, inklusive eines staatlichen Labels und Kopplung der Förderpolitik an den Tierschutz
Eine bessere, zukunftsfähige Tierhaltung in Deutschland schaffen wir, indem wir dafür sorgen, dass
1.) die Regeln stimmen. Die Tiere brauchen mehr Platz, Auslauf, Licht und Beschäftigung. Mit einem nationalen Tierschutzaktionsplan beenden wir das Tierleid, das Kükentöten, Amputationen und Qualzucht verursacht.
2.) die Förderung stimmt. Dafür haben wir zu unseren nationalen Tierschutzaktionsplan mit einem detaillierten Förderkonzept unterlegt.
3.) die Bürger*Innen wissen, was sie kaufen. Wir wollen bei Fleisch und Milch eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführen, die einfach zu verstehen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Hajduk