Anja Bindges
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Frage von Fritz K. •

Frage an Anja Bindges von Fritz K. bezüglich Soziale Sicherung

Was wollen sie tun, damit pflegebedürftig und dement kranke menschen weiter in Deutschland gepflegt und nicht ins Ausland gebracht werden müssen,weil die Pflege bei uns für viele menschen nicht mehr bezahlbar ist?

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kieren,

aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit kämpfe ich seit 25 Jahren um den Stellenwert der Pflege in Deutschland. Die Pflegebedürftigen, die pflegenden Angehörigen und die Angehörigen der Pflegeberufe haben keine Lobby in unserem Land. Dies war der Hauptbeweggrund für mich überhaupt zu kandidieren, nämlich diesen Menschen eine Stimme zu geben. Pflegebedürftige und demenzkranke Menschen ins Ausland zu schicken, wo sie weder mit der Kultur noch mit der Sprache vertraut sind, ist für mich die schrecklichste Vorstellung überhaupt. Gerade für einen Menschen der alt und krank ist , und besonders wenn der an Demenz leidet, ist die Geborgenheit in der vertrauten Umgebung das Allerwichtigste.

Es geht hier nicht nur um die Bezahlbarkeit der Pflege sondern auch um den Umgang und den Respekt mit den pflegebedürftigen Menschen.

Für eine gute und würdevolle Pflege müssen wir den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen. Dieser Aspekt ist leider ziemlich verloren gegangen.

Die Pflegeversicherung muss auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden. Auch Menschen mit geringem Einkommen müssen für das Pflegerisiko abgesichert werden. Die Lasten müssen gerecht verteilt und die Bemessungsgrundlage verbreitert werden. Es ist falsch, weitere private Zusatzversicherungen für das Pflegerisiko zu erfinden.

Dazu gehört auch die Zahlung von fairen Löhnen, damit die Altersarmut eingedämmt wird. Auch eine staatliche Pflegeversicherung kann immer nur einen Teil der Kosten abdecken. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Rente zum Leben reicht und hier nicht noch weitere Probleme entstehen.

Weiterhin müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Angehörige die Pflege überhaupt übernehmen können, wenn sie es wollen. Ein Rechtsanspruch für Familienpflegezeit und Lohnersatzleistungen, wie bei der Elternzeit muss her. Die Angehörigen müssen Anspruch auf Rehamaßnahmen haben, denn deren Gesundheit darf nicht aus dem Blick geraten. Wenn Angehörige die Möglichkeit haben, die Pflege übernehmen zu können, ohne sich selbst finanziell zu ruinieren, erspart das viele teurere Pflegekosten.Nicht zuletzt müssen auch die Rentenversicherungsbeiträge für die Pflegepersonen angehoben werden und dürfen sich nicht mehr nach der Pflegestufe richten. Demenzkranke haben meist eine niedrigere Pflegestufe,deren Betreuung braucht jedoch die meiste Zeit.

Die Definition des Pflegebedürftigketisbegriffes zur Einstufung in die Pflegestufe ist längst überfällig. Wir müssen von dem starren Zeitwerten weggkommen, damit jeder seine gerechte Pflegestufe erhält. Die individuellen Bedarfe und die körperlichen, geistigen und seelischen Einschränkungen müssen in der Pflegebedürftigketi berücksichtigt werden.

Außerdem brauchen wir ein Gesamtkonzept der wohnortnahen Versorgung, damit Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohneten Umgebung bleiben können sowie neue Wohn-, Begleitungs- und Pflegeformen.

Die Politik muss endlich die nötigen Weichenstellungen für die Herausforderungen der älter werdenden Gesellschaft vornehmen. Es ist höchste Zeit. Wir hatten 2011 2,32 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland, es werden 2050 schätzungsweise doppelt so viele sein. Da helfen keine Einzelmaßnahmen, sondern nur ein schlüssiges Gesamtkonzept, das alle o.g. Aspekte mit einbezieht.

Ich werde weiterhin dafür kämpfen, dass dieses Konzept auf den Weg gebracht wird.

Ich bedanke mich für Ihre Fragen und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Bindges