Frage an Angelika Niebler von Juergen R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Niebler,
in vielen Aussagen von Politikern der SPD oder auch der Grünen und Linken ist immer wieder die Rede von einer Bürgerversicherung. Es wird so beschrieben, dass es eine Versicherung sein soll, in die alle Menschen die in unserem Land ein Einkommen erzielen, einen bestimmten Teil und vom Einkommen abhängigen Beitrag einbezahlen. Dies hört sich doch erstmal vernünftig an oder? Welche Gründe führen dann die Politiker an, die gegen eine solche "Bürgerversicherung sind. Das sind nach meinem Wissen hauptsächlich Politiker der Union und der FDP.
Können Sie mir helfen damit ich den Unterschied der einzelnen Argumente verstehe und mir ein Bild machen kann über das für und wider ?
Ich hoffe auf eine Nachricht von Ihnen und wünsche frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Mit freundlichen Grüßen
J. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Email vom 23. Dezember 2017, die Sie mir über die Plattform Abgeordnetenwatch geschickt haben. Sie fragen nach meiner Meinung zum Thema Bürgerversicherung.
Zunächst einmal gebe ich Ihnen recht, dass Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können müssen. Wir werden sicherstellen, dass alle auch zukünftig eine gute, flächendeckende medizinische und pflegerische Versorgung von Beginn bis Ende ihres Lebens erhalten, unabhängig von ihrem Einkommen und Wohnort. Einer Zwei- oder Mehrklassenmedizin erteilen wir eine Absage. Der medizinische und technische Fortschritt muss für alle da sein.
Aus folgenden Gründen lehne ich eine Bürgerversicherung und eine Kopfpauschale ab:
Deutschland hat eines der besten Gesundheitswesen der Welt. Deshalb wollen wir Stabilität in unserem Gesundheitssystem und lehnen soziale Experimente wie die Einführung einer sozialistischen Einheitsversicherung, der sogenannten Bürgerversicherung, ab. Wir treten für eine vielfältige Versicherungslandschaft ein, in der unterschiedliche Modelle ihren Platz haben. Gerade das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung sichert eine hohe Versorgungsqualität. Die CSU setzt auf eine ausgewogene Finanzierung des Gesundheitssystems, faire Wettbewerbsbedingungen und stabile Beitragssätze.
Die sogenannte Bürgerversicherung würde zu neuen Ungerechtigkeiten führen, Arbeitsplätze gefährden und die Mitte der Gesellschaft massiv belasten. Das heißt im Ergebnis: Die Mehrheit zahlt mehr und bekommt weniger. Unser Parteivorsitzender und bayerischer Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich im Interview mit dem Spiegel gegen die SPD-Forderung zur Einführung einer Bürgerversicherung ausgesprochen: „Bei der Bürgerversicherung gibt es viele Probleme, die ungelöst sind". Er sehe vor allem Probleme bei der Finanzierung: „Wie sollen Einkünfte wie Mieten und Pachten für die Finanzierung der Bürgerversicherung herangezogen werden? Das würde doch sofort auf die Mieten umgelegt. Ich sehe nicht, wie man sie so umsetzen kann, dass sie nicht für große Ungerechtigkeiten sorgt.“
Richtig erscheint mir, Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung anzustreben. Insbesondere die langen Wartezeiten beim Arztbesuch sind ein Dauer-Ärgernis. Im Koalitionsvertrag finden sich konkrete Vorschläge, die die neue Bundesregierung nun umsetzen muss.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Angelika Niebler, MdEP