Frage an Angelika Niebler von Anna H. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Niebler,
Ich interessiere mich persönlich sehr für Ihre Arbeit. Für mich und meinen Freundeskreis ist die Frage der Frauenquote für die kommende Wahl entscheidend.
Gerne würde ich daher Ihre Meinung zu diesem Thema erfahren und wie Sie im Falle einer Abstimmung über die Frauenquote votieren würden.
Über eine baldige und ausführliche Antwort freue ich mich!
Mit freundlichen Grüßen
Anna Hoffmann
Sehr geehrte Frau Hoffmann,
ich erlaube mir, auf Ihre Anfrage bezüglich meiner Position zum Thema Frauenquote zurückzukommen.
In ganz Europa ist jedes zehnte Vorstandsmitglied eine Frau, 97% der Vorstandsvorsitzenden sind Männer - dabei sind 60% der Universitätsabgänger weiblich. Aus diesem Grund bin ich der Auffassung, dass eine - zeitlich befristete - Frauenquote bzw. Zielvorgabe in bestimmten Gremien (wie beispielsweise den Aufsichtsräten) ein sinnvolles Instrument sein kann, um eine tatsächliche Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern in den Unternehmen zu erreichen. Eine Frauenquote auf Vorstandsebene und damit einen Eingriff in die direkte Personalpolitik der Unternehmen lehne ich hingegen ab.
Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass derartige gesetzliche Vorgaben sinnvollerweise auf nationaler Ebene beschlossen werden sollten.
Ich selber habe mich als Landesvorsitzende der Frauen-Union in Bayern für einen gesetzlich vorgeschriebenen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent in Aufsichtsräten von Dax-30-Unternehmen ausgesprochen. Auf der FU- Landesversammlung im Juli 2010 beschloss die FU mit großer Mehrheit einen entsprechenden Antrag an die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.
Ende letzten Jahres habe ich bei der Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments über die Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen bis zum Jahr 2020 gegen den Richtlinienvorschlag gestimmt.
Das Problem auf europäischer Ebene sehe ich in einer mangelnden bzw. in der falschen Rechtsgrundlage. Die Europäische Kommission hat für ihren Vorschlag Art. 157 (3) AEUV gewählt. Aus juristischer Sicht fallen meines Erachtens Fragen zu einer Tätigkeit in einem Aufsichtsrat nicht unter Arbeits- und Beschäftigungsfragen.
Eine gesetzliche vorgegebene Quote in Unternehmen ist sicherlich nicht sexy, aber um den Durchbruch für Frauen zu erreichen, kann sie dennoch notwendig sein. Als Juristin konnte ich jedoch keinem Legislativvorschlag mit einer falschen Rechtsgrundlage zustimmen, denn die Richtlinie soll im Zweifelsfall auch vor einem Europäischen Gerichtshof bestehen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angelika Niebler, MdEP