Frage an Angela Kalnins von Dirk S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Kalnins,
wie stehen Sie persönlich zu der Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens, welches höher sein muss als die heutigen Sozialhilfesätze (HartzIV, ALG II)?
Welche Modelle kennen Sie zu seiner Finanzierung?
Darf Mensch Menschen eher vertrauen oder braucht es viel Kontrolle um Missbrauch zu begegnen (es geht hierbei nicht um blauäugiges wegsehen)?
Ich freue mich auf eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Schumacher
Sehr geehrter Herr Schumacher,
ich persönlich bin gegen das BGE. Ich erläutere Ihnen gern, warum.
Es mag sein, dass sich ein BGE tatsächlich rechnet, das behauptet nicht nur Götz Werner.
Ich weiß auch von einem Versuch in einem Elendsviertel in Afrika, in dem Menschen monatlich einen kleinen Betrag bekamen und einige wirklich zu Wohlstand kamen.
Aber ich hätte Bedenken beim Feldversuch Deutschland.
Nehmen wir an, das BGE ist irgendwo zwischen 500 und 800 Euro angesiedelt. Wahrscheinlich werden dann weitere Zuschüsse wegfallen, so dass der Betrag unterm Strich wie HartzIV + Wohngeldzuschuss ( Hilfe zur Unterkunft) ausfällt.
Es ist ein Unterschied, ob man Einzelpersonen oder Familien betrachtet. Da bekäme jedes Familienmitglied den Betrag.
Was macht eine Familie, wenn niemand arbeiten gehen muss? Nur fernsehen? Jeden Tag was unternehmen? Dann reicht das Geld nicht über den Monat. Werden Kinder gut versorgt? Erfährt jemand, was mit der Familie los ist? Ich habe große Sorge, dass wir nach kurzer Zeit kein wirkliches Sozialgefüge mehr haben.
Viele Menschen, die neben einander her leben ohne Anteil an anderen zu nehmen.
Welchen Anreiz gibt es, richtig Geld zu verdienen? Wenn das zu wenig Leute machen, ist kein Geld mehr fürs BGE da.
Was ist mit Singles, denen das Geld genug ist und die sich mal gerade einmal im Monat zum Einkaufen vor die Tür trauen. Einsam im Plattenbau. Da merkt man nicht, wenn einer fehlt. In dem Sinne ist es sogar positiv, wenn Menschen alle paar Wochen zur ARGE müssen.
Es geht mir hier nicht um Kontrolle wegen Faulenzen oder um Sozialschmarotzer. Mit dem BGE kann jeder machen, wa er will. Das ist keine Frage von Vertrauen und Misstrauen. Ich fürchte, unser gesellschaftliches Gefüge hält eine solche Situation nicht aus. Menschen, die vereinsamen, werden nicht aufgefangen.
Das ist Ihnen vielleicht zu viel Prosa.
Ich habe keine Zahlen, es gibt meines Wissen auch keine belastbaren Zahlen, ob ein BGE in welcher Höhe auch immer, überhaupt finanzierbar ist. Gehen wir davon aus, dass die finanzielle Seite keine Probleme mit sich bringt, ( was ich mir nicht vorstellen kann) so hätte ich große Angst vor der sozialen Seite.
Es wird sicher Menschen geben, die sich um andere kümmern. Aber wird es auch genug Menschen geben, die die Drecksarbeit machen, den Müll einsammeln, Kranke pflegen, Alte versorgen?
Das wird mit einem BGE alles freiwillig sein. Nicht unbezahlt, aber ohne Anreiz. Ich fürchte, unser Staat würde das nicht aushalten.
Aus diesen, möglicherweise diffusen, Gründen lehne ich das Bedingungslose Grundeinkommen ab.
Wenn Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, mir zu schreiben. Ich antworte so bald ich Zeit habe.
Mit freundlichen Grüßen
Angela Kalnins