Frage an Angela Dorn-Rancke von Harald H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Dorn-Rancke,
ich habe heute morgen diesen Beitrag auf hessenschau.de gelesen - https://www.hessenschau.de/politik/beuth-verteidigt-abschiebung-von-schwangeren,beuth-abschiebung-schwangere-100.html - und bin überrascht, dass die Grünen dazu nichts zu sagen haben. Daher meine Frage, wie steht die grüne Fraktion und Partei und Sie als Abgeordnete zu diesem Vorfall im speziellen und zu ähnlichen Vorgängen im allgemeinen?
Vielen Dank und viele Grüße,
H. H.
Sehr geehrte:r H.H.,
bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort auf Ihre Frage. erst jetzt ist mir aufgefallen, dass es wohl technische Probleme gab und die Antwort nicht hinterlegt ist.
Der hinterfragte Fall ist mittlerweile schon längere Zeit her und stand damals in engem Kontext zur Frage der Ausweitung sog. „sicherer Herkunftsländer“. Im 2019 gültigen hessischen Koalitionsvertrag ist ausdrücklich festgehalten, dass die Koalitionspartner in der Frage sogenannter sicherer Herkunftsländer unterschiedlicher Meinung sind. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Einig sind wir uns jedoch, dass Menschen, die nach Prüfung aller Ansprüche bei uns kein Recht auf Asyl erhalten, möglichst schnell in ihre Herkunftsländer zurückkehren und Verfahren nicht stattdessen, wie schon zu oft geschehen, unmenschlich in die Länge gezogen werden dürfen. Zugleich darf es nicht passieren, dass wirklich Schutzbedürftige durch das Raster rutschen.
Für echte Lösungsvorschläge wie ein Einwanderungsgesetz, eine Entbürokratisierung von Asylverfahren, die Verstärkung des Rechtsbeistands für Asylbewerberinnen und -bewerber für Verfahren, die schneller zum Abschluss kommen, und für Strategien für Integration stehen wir GRÜNE zur Verfügung.
Die grundsätzliche und in jedem Einzelfall dramatische Bewertung, ob eine Person ausreisepflichtig ist, erfolgt jedoch auf Grundlage o.g. Rahmensetzung des Bundes. Hieraus definiert sich, welche Personengruppen zurückzuführen sind. Interpretationsspielräume wurden vom damaligen Innenminister Seehofer nicht eingeräumt. Nach dem Wechsel in Berlin hoffen wir auf entsprechende Weichenstellungen durch die neue Bundesinnenministerin, die 2019 als Mitglied des hessischen Landtags sehr weitreichende Forderungen formuliert hat.
Unter Berücksichtigung der damaligen Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens hatten unsere Fachgremien den angesprochenen Sachverhalt auch in Hinblick auf Interventionsmöglichkeiten intensiv geprüft. Trotz des natürlich großen individuellen Leidensdrucks der betreffenden Personen, haben auch unsere Fachleute leider keinen nennenswerten Gestaltungsmöglichkeiten für Innenminister Beuth in seiner grundsätzlichen Entscheidung bezüglich einer Rückführung gefunden. Es blieb demnach lediglich die Möglichkeit auf den tatsächlichen Gesundheitszustand der betreffenden Person größtmögliche Rücksicht zu nehmen. Nach damaliger Aussage des begleitenden Arztes bestand weder für die Frau noch für ihr ungeborenes Kind zu irgendeinem Zeitpunkt eine gesundheitliche Gefahr. Bei der Terminierung wurde zum Schutz der Mutter und des ungeborenen Kindes darauf geachtet, die bundesseitig vorliegende Ausreisepflicht nicht während des gesetzlichen Mutterschutzes oder kurz vorher zu vollziehen.
Der 35-jährige Ehemann hätte nach damaliger Einschätzung des Innenministeriums zudem geringe Chancen auf die Erteilung einer Arbeitserlaubnis gehabt, „…da er neun Alias-Personalien verwendet…“ habe und „…seine Identität bis zur Identifizierung durch die algerischen Behörden kurz vor der geplanten Rückführung ungeklärt gewesen…“ sei.