Frage an Angela Dorn-Rancke von Hans W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Dorn,
wie ist Ihre Haltung bezüglich der Ungleichbehandlung von Bürgern kleinerer Dörfer ohne ausgesprochenen Stadt- und Ortsteilstatus? Ihnen ist sicher bekannt, daß diesen Bewohnern ein Mindestabstand von WKA von nur 750m zugemutet werden soll, obwohl der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand 1000m betragen muß.
Konkret geht es zur Zeit um 4 Fälle: um den Weiler Bremhof bei Michelstadt/Vielbrunn, den Windrad-Standort Hainhaus, um Würzberg-Eutergrund und Rothenberg-Hinterbach. Und im Bereich Mossautal werden gerade 5 WKA montiert, die wahrscheinlich haarscharf an der 1000m-Grenze stehen, optisch und gefühlt aber weniger als 500m von den Wohnhäusern der Ortschaft entfernt sind, was definitiv eine geradezu ruinöse Abwertung der Grundstücke und Häuser der ganzen Ortschaft darstellt. Dies als Hinweis aus der Praxis, daß sogar 1000m ein viel zu geringer Abstand sind, da mögen "Professoren und Fachleute" noch so viele "Gutachten" zusammenschreiben. Es ist eine klare Mißachtung der Bevölkerung, die Mindestabstände so gering (1000m) anzusetzen - und nun auch noch mit allerlei juristischen Tricks einschneidend verringern zu wollen.
Deshalb die Fragen:
* Wie werden Sie die Ungleichbehandlung der Bewohner kleinerer Dörfer hinsichtlich der Mindestabstände abstellen?
* Steht für Sie als Umweltbeauftragte der Bau von WKA im Vordergrund, oder die Wünsche und Interessen der "WKA-Investoren"?
* Werden Sie verhindern, daß eine gesetzliche Durchlöcherung des 1000m-Limits Platz greift?
* Werden Sie eine Eingabe zur Beschlußfassung des Landesparlaments machen, daß der Mindestabstand von WKA zu Wohngebieten auf 3000m erhöht wird?
* Wie kommt es, daß - im Gegensatz zu den Abstandsminderungen in "Lobby-freien Gebieten" - das gesamte Gebiet rund um die reichsten Ortschaften Deutschlands, Königsstein und Kronberg im Taunus, auf viele km im Umkreis als "nicht WKA-tauglich" ausgewiesen wird, obwohl gerade dort viel Wind weht?
Sehr geehrter Herr Winter,
vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich gerne antworte.
Windkraft ist das Herzstück der Energiewende in Hessen, ohne den Windkraftausbau kann diese nicht gelingen. Die Windenergie im Binnenland ist die preisgünstigste Art der Windenergieerzeugung und hätte somit auch entsprechend positive Auswirkungen auf die Preise. Damit die Energiewende gelingt, brauchen wir zwei Prozent der Landesfläche auf gut geeigneten windhöffigen Standorten. Dies war Konsens im hessischen Energiegipfel und bleibt auch Ziel der schwarz-grünen Koalition. In dieser Legislaturperiode wollen wir den Anteil der Windkraft verdoppeln, denn noch stehen wir bei der Energiewende in Hessen recht am Anfang und hinken anderen Bundesländern insbesondere beim Ausbau der Windkraft hinterher. Die Auswahl der Windenergiestandorte muss sich dabei an fachlichen Kriterien orientieren. Neben der Windhöffigkeit sind gerade die natur- und artenschutzrechtlichen Belange sowie Siedlungsabstände einzuhalten, um die Standorte so raumverträglich wie möglich auszuwählen.
Im Landesentwicklungsplan des Landes Hessen sind die Auswahlkriterien für Windenergiestandorte festgeschrieben, wie zum Beispiel die Abstandsvorgabe von 1000 Metern zu Siedlungen. Diese Regelung wird im schwarz-grünen Koalitionsvertrag bekräftigt, wo es heißt, dass selbst im Falle einer Änderung des Landesentwicklungsplanes "die Abstandsvorgabe von 1.000 Metern beibehalten werden" soll. (Den gesamten Text können Sie im schwarz-grünen Koalitionsvertrag unter http://www.gruene-hessen.de/partei/files/2013/12/Koa-Vertrag-gesamt.pdf ab Seite 19 nachlesen.) Dies war ein Kompromiss, aus Grüner Sicht hätte man bei Zustimmung der Kommune und erfolgter Einzelfallprüfung beispielsweise hinsichtlich der Geräuschemissionen in Ausnahmefällen auch eine Verringerung der Abstandsvorgabe vornehmen können. Ein einheitlicher Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Siedlungen ist in vielen Bundesländern nicht vorgesehen.
Aufgrund der Regelungen im Landesentwicklungsplan des Landes Hessen können aber Abstände von Windkraftanlagen zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen ohne Dorf- oder Stadtstatus geringer ausfallen. Die Ausweisung von 2 Prozent der Landesfläche als Windvorrangfläche ist eine große Herausforderung und würde deutlich erschwert werden, wenn auch Einzelgehöfte oder Splittersiedlungen generell unter die Abstandsregelung fallen. Dies gilt gerade im dicht besiedelten Südhessen. Selbstverständlich müssen die Bürgerinnen und Bürgerinnen bei der Ausweisung der Vorranggebiete beteiligt werden und können in der Regionalplanung ihre berechtigten Anliegen einbringen.
Die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker in der Region sind meist sehr bemüht, Flächen zu realisieren, die die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt bestmöglich berücksichtigt. In Kürze wird nach meinen Informationen der gemeinsame Flächennutzungsplan der Städte und Kommunen in der Region in Kraft treten. Dieser ist unter Einbeziehung von Umwelt-, Landschafts- und sozialen Aspekten erstellt worden und lag zur Einsicht in den Kommunen bereit. Das heißt, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Einwände vorbringen konnten, die dann wiederum in den Plan einfließen können. Da zudem meinen Informationen nach alle Parteien im Kreistag, in den Städten und in den Kommunen des Odenwaldkreises das gemeinsame Vorgehen unterstützt haben, bin ich zuversichtlich, dass eine gute Rücksprache mit der Bevölkerung gewährleistet ist.
Für einen weiterführenden, konstruktiven Dialog stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Angela Dorn