Frage an Angela Dorn-Rancke von Björn Z. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Dorn,
Wie ich vernommen habe sprechen Sie sich für den Bau von Windkraftanlagen (WKA) im Wald aus. Sie billigen damit die Zerstörung von Sauerstoffproduzierenden und CO2 abbauenden Flächen. Kann eine Windkraftanlage Sauerstoff produzieren und gleichzeitig CO2 abbauen? Ist aber nicht eines der Ziele der Energiewende die Reduzierung von CO2?
Sie wollen aus einer derzeit nicht grundlastfähigen Energieform eine 100%tige Stromabdeckung schaffen. Also keine Atom-, Gas- und Kohlekraftwerke mehr in Deutschland.
Wie aber soll das funktionieren? Hier konnte mir noch keiner eine Antwort geben, aber vielleicht können Sie das ja.
Addieren wir doch einfach alle erneuerbaren Ennergien und kommen so auf über 100%. Genial – Aber so einfach ist das nicht. Denn wenn nachts bei Windstille die Produktion von Strom durch WKA und PVA nicht gegeben ist, müssten die restlichen erneuerbaren Energien dieses leisten. Wenn die das leisten könnten bräuchten wir gar keine WKA und PVA weil wir ja schon 100% zur Verfügung steht. Was nun? Welche Energieform deckt nun aber die Grundlast ab?
Was läuft hier nur falsch. Bevor Sie also solche Forderungen "100% aus erneuerbaren Ennergien" stellen sollten Sie erst mal die Voraussetzungen, wie Speichermöglichkeiten und Ausbau der Infrastruktur, schaffen.
Ein Haus braucht ein vernünftiges Fundament, sonst stürzt es eines Tages ein und so wird es der ganzen Energiewende gehen wenn sie nicht an die derzeitige Situation im Stromsektor angepasst wird. Deshalb keine Förderungen für WKA und PVA sowie Biogas.
Strom ist mittlerweile ein Grundbedürfnis wie Wasser und Luft mit dem man nicht spekulieren darf.
Hier meine gezielten Fragen an Sie:
- Wie wollen Sie den Strombedarf in Deutschland zu 100% aus erneuerbaren Energien realisieren?
- Wollen Sie an dem EEG so wie es ist festhalten?
- Wollen Sie Windkraftanlagen im Wald?
Mit freundlichen Grüßen
Pro Märchenland e.V.
in Vertretung Björn Zackenfels
Sehr geehrter Herr Zackenfels,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich als energiepolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gerne beantworte.
- "Wie wollen Sie den Strombedarf in Deutschland zu 100% aus erneuerbaren Energien realisieren?"
Den wesentlichen Beitrag für eine Versorgung zu 100% aus erneuerbarem Strom bildet in Zukunft in Hessen die Windenergie im Binnenland. Im Hessischen Energiegipfel haben wir GRÜNE uns für die Ausweisung von 2% der Landesfläche als Windvorranggebiete eingesetzt.
Um die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne auszugleichen und eine stabile Stromversorgung zu sichern, müssen wir weg von den schwerfälligen Kohle- und Atomkraftwerken. Wir brauchen unverzüglich ein für Unternehmen attraktives Lastmanagement, zusätzlich flexible Erzeugungskapazitäten (Bspw. Gaskraftwerke) sowie vor allem einen Ausbau der Stromnetze. Für die Umsetzung der Energiewende werden wir auch Speichermöglichkeiten für elektrische Energie benötigen. Bereits heute gibt es verschiedene Techniken für die Speicherung von Strom über längere Zeit. Nennen möchte ich beispielsweise das "Power-to Gas" Konzept, an dem das Fraunhofer IWES seit längerem forscht und arbeitet. Diese und andere Techniken sind bereits technisch umsetzbar und müssen in Zukunft noch ökonomischer werden, um in das System der Energiewende integriert zu werden. Viel wichtiger für die nahe Zukunft ist der Ausbau und die Erneuerung der Stromnetze, mit denen wir Engpässe im Netz lösen können und den erneuerbaren Strom von den Produktionsstandorten zu den Verbrauchstandorten liefern können. Ein ausgebautes und starkes Stromnetz vermindert die Notwendigkeit der Bereitstellung von größeren Speicherkapazitäten, da die Energie besser verteilt werden kann. Diese Effizienzsteigerung und die Integration einer größeren Energiemenge an der Strombörse bedeutet auch einen volkswirtschaftlichen Vorteil und schlussendlich auch für den Verbraucher einen niedrigeren Strompreis. Der Ausbau der Stromnetze ist noch vor dem Ausbau der Speichermöglichkeiten für die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie maßgeblich und muss schnellstmöglich angegangen werden. Auch hier hat die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits viel zu viel Zeit verstreichen lassen, was Mehrkosten für die Verbraucher bedeutet und die Energiewende gefährdet.
- "Wollen Sie an dem EEG so wie es ist festhalten?"
Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist der Motor der Energiewende. Es ist weltweit anerkannt und kopiert. Nur durch die Investitionssicherheit in Erneuerbare Energien konnte der Ökostrom-Anteil in Deutschland auf heute 25 % gesteigert und 380.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Im Zuge der Markteinführung sind die Vergütungssätze für erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energien bereits in den vergangenen Jahren um die Hälfte bis zu zwei Dritteln gesunken. Eine Anpassung des EEG an die Marktentwicklung ist also nichts Neues. Neu ist lediglich die polemische Debatte, die darüber von schwarz-gelb geführt wird. Statt konkrete Vorschläge vorzulegen, wie man es von Mitgliedern der Bundes- und Landesregierung erwarten könnte, wird nur die Verunsicherung geschürt. Schon heute haben die Debatten den Herstellern von Ökostromtechnologien in unserem Land massiv geschadet, bereits Arbeitsplätze gekostet und weitere gefährdet.
Klar ist, die Finanzierung von Ökostromanlagen kostet Geld, genauso wie die Finanzierung von neuen Kohlekraftwerken oder Erdgaspipelines. Angesichts der überalterten Energieversorgungsstruktur müssten auch ohne den Ausbau Erneuerbarer Energien Milliardenbeträge im Stromsektor investiert werden. Übersehen werden in der aktuellen Diskussion die tatsächlichen Ursachen der Kosten. Steigende Preise für fossile Brennstoffe treiben seit langer Zeit die Energiepreise in die Höhe. Für uns GRÜNE ist klar, wir wollen, dass die Energie bezahlbar bleibt. Ein Umstieg auf Erneuerbare sorgt kurzfristig für steigende Preise, ist aber langfristig gemeinsam mit Energieeinsparung und Energieeffizienz der einzige Weg, die Kosten im Griff zu halten.
Mit folgenden Änderungen am EEG wollen wir Strompreissenkungspotenziale von über 4 Mrd. Euro schaffen (entspricht 1 Cent/kWh, Für einen Vier-Personen-Haushalt entspräche dies einer Strompreissenkung von knapp 50 Euro im Jahr) und einen weiteren Preisanstieg der Stromkosten für die Verbraucher verhindern:
· Die Vergütungssätze des EEG müssen regelmäßig an die Marktbedingungen angepasst werden, damit die Kosten insgesamt minimiert und überzogene Rendite in Teilbereichen vermieden werden können. Ein Kostentreiber ist inzwischen die Off-Shore Windenergie inkl. Netzanbindung. Auch für die Biomassenutzung sind hohe EEG-Vergütungen vorgesehen. Allerdings kann die Bioenergie durch Teilnahme am Regelenergiemarkt auch kostendämpfend wirken. Die Vergütung von Biomasse soll nur noch bedarfsorientiert erfolgen. Wir wollen eine Zweiteilung vornehmen. Einen Festpreis und einen am Markt orientierten Teil.
· Um die verbrauchsnahe Stromerzeugung von Windenergie im Binnenland zu fördern, muss das Referenzertragsmodell (Grundlage für Windenergieausbau nach Windangebot des jeweiligen Standortes) weiterentwickelt werden.
· Schritt für Schritt müssen zusätzliche qualitative Anforderungen an die Anlagen gestellt werden (z.B. im Hinblick auf die Netzintegration und Speicherung, auf regionale Stromerzeugung und auf Nachhaltigkeit auch bei der Biomassenutzung. etc.).
· Zurückführung der Industrieprivilegien im EEG auf den Stand von 2008 (nur noch energieintensive produzierende Branchen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen) und Abschaffung der Marktprämie
· Der durch die Erneuerbaren Energien sinkende Börsenpreis und die damit steigende EEG-Umlage wirken sich bei den privilegierten Unternehmen auf deren Stromeinkaufspreise zusätzlich preissenkend aus. Wir schlagen einen kostenneutralen Ausgleich für die Industrie vor, indem privilegierte Unternehmen künftig eine entsprechend höhere Umlage bezahlen (0,5 ct/kWh statt 0,05 ct/kWh).
· Die den Netzbetreibern zugebilligte Liquiditätsreserve weiterhin auf 3% des Umlagevolumens zu begrenzen statt sie auf 10% zu erhöhen.
· Die Ausweitung der Netzentgeltbefreiungen für die stromintensiven Unternehmen in § 19 Stromnetzentgeltverordnung muss wieder rückgängig gemacht werden. Dies senkt unmittelbar die Stromkosten für alle anderen Unternehmen und die Haushalte in Höhe von rund 0,5 Mrd. Euro.
- "Wollen Sie Windkraftanlagen im Wald?"
Die Energiewende ist eine der zentralen Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Sie gelingt jedoch nur mit dem Dreiklang aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien. Wir GRÜNE sehen es dabei als wesentliche Zielsetzung an, dass beim Umbau zu einer nachhaltigen erneuerbaren Energieversorgung Naturressourcen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Wir sagen aber auch: ohne eine Energiewende ist der Schutz des Weltklimas nicht zu erreichen. Und ohne den Schutz des Weltklimas werden die Tier- und Pflanzenwelt auf der Verliererseite stehen. Vordringlich ist daher der Schutz des Klimas. Nur eine gegenseitige Rücksichtnahme wird zu einem nachhaltigen Naturschutz und einer ökologischen Energiewende führen.
Wir sind uns mit der Landesregierung auch einig, dass es generelle Ausschlussgebiete im Sinne des Natur- und Artenschutzes für die Windenergienutzung geben muss. Dieses sind die Nationalparks, Naturschutzgebiete, der Nahbereich von Naturdenkmälern, gesetzlich geschützte Bannwälder, die kern und Pflegezone A des hessischen Teils des Biosphärenreservats Rhön, die Kernzonen der Welterbe Stätten, Wasserschutzzonen I, sowie Gebiete mit sehr hohem artbezogenen Konfliktpotenzial.
Es ist nachvollziehbar, dass es bei einer Veränderung des Landschaftsbildes vielen Menschen schwerfällt, zu akzeptieren, dass der vertraute Anblick verloren geht. Dennoch kann es nur so gelingen, eine unabhängige und umweltfreundliche Energieversorgung auf den Weg zu bringen. Und nur diese wird dazu beitragen, dass der Naturraum, so wie wir ihn heute kennen, weitestgehend erhalten bleibt.
Neben den Belangen des Natur- und Artenschutzes ist es für uns GRÜNE essentiell wichtig, dass die Bürger in einem transparenten Planungsprozess von Anfang an eingebunden werden. Daher muss es immer eine kommunale Entscheidung sein, ob und welche Fläche unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes ausgewiesen werden. Neben den Klimaschutzaspekten kann und muss es unser Ziel sein, die Wertschöpfung durch die Energiewende möglichst regional und für die Bürger vor Ort zu generieren. Denn die Beteiligung der Menschen vor Ort ist der Garant für die Akzeptanz und das Gelingen der Energiewende.
Für uns GRÜNE sind die Natur und der Erhalt unserer Umwelt und der Schutz der Menschen sehr wichtig. Eine intelligente Energiewende, wie wir GRÜNEN sie durchführen wollen, fördert diese Zielerreichung.
Für einen weiterführenden, konstruktiven Dialog stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung
Mit freundlichen Grüßen
Angela Dorn