Frage an Angela Dorn-Rancke von Ute T. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Dorn-Rancke,
warum kommt Ihnen und Ihrer Partei nicht in den Sinn zuerst einmal die vorhandenen Mittel sinnvoller zu nutzen ( Speicher gibt es ja noch nicht ) und Strom zu sparen? Bei sinnvoller Nutzung und Einsparung könnten die 16-17% Atomstrom locker entfallen, die z.Z. noch genutzt werden.
Warum plädieren Sie weiter für einen unsinnigen und unbezahlbaren Ausbau der Windkraft, obwohl dies doch eigentlich den Grundsätzen Ihrer Partei widerspricht nämlich Natur, und hoffentlich auch den Menschen, zu schützen?
Warum ignorieren Sie Fakten, dass es unmöglich ist 100% EE umzusetzen, ohne unser Land komplett zu verspargeln und ohne Speichermöglichkeiten zu haben?
Das Deutschland am Weltklimaschutz, wie Sie es so schön sagen, null Einfluss hat, sollte Ihnen eigentlich klar sein. Warum treiben Sie diesen Unsinn also immerzu weiter, obwohl Brüssel und unsere Nachbarländer dieses inzwischen nicht mehr lächerlich finden, wie am Anfang, sondern richtig sauer sind?
Freundliche Grüße
Ute
Sehr geehrte Frau Treber,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworte.
Die Energiewende ist eine der zentralen Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Sie gelingt jedoch nur mit dem Dreiklang aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien. Wir GRÜNE sehen es dabei als wesentliche Zielsetzung an, dass beim Umbau zu einer nachhaltigen erneuerbaren Energieversorgung Naturressourcen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Wir sagen aber auch: ohne eine Energiewende ist der Schutz des Weltklimas nicht zu erreichen. Und ohne den Schutz des Weltklimas werden die Tier- und Pflanzenwelt auf der Verliererseite stehen. Vordringlich ist daher der Schutz des Klimas. Nur eine gegenseitige Rücksichtnahme wird zu einem nachhaltigen Naturschutz und einer ökologischen Energiewende führen.
Den wesentlichen Beitrag für eine Versorgung zu 100% aus erneuerbarem Strom bildet in Zukunft in Hessen dabei die Windenergie im Binnenland. Im Hessischen Energiegipfel haben wir GRÜNE uns für die Ausweisung von 2% der Landesfläche als Windvorranggebiete eingesetzt. Wir sind uns mit der Landesregierung auch einig, dass es generelle Ausschlussgebiete im Sinne des Natur- und Artenschutzes für die Windenergienutzung geben muss. Dieses sind die Nationalparks, Naturschutzgebiete, der Nahbereich von Naturdenkmälern, gesetzlich geschützte Bannwälder, die kern und Pflegezone A des hessischen Teils des Biosphärenreservats Rhön, die Kernzonen der Welterbe Stätten, Wasserschutzzonen I, sowie Gebiete mit sehr hohem artbezogenen Konfliktpotenzial.
Es ist nachvollziehbar, dass es bei einer Veränderung des Landschaftsbildes vielen Menschen schwerfällt, zu akzeptieren, dass der vertraute Anblick verloren geht. Dennoch kann es nur so gelingen, eine unabhängige und umweltfreundliche Energieversorgung auf den Weg zu bringen. Und nur diese wird dazu beitragen, dass der Naturraum, so wie wir ihn heute kennen, weitestgehend erhalten bleibt.
Neben den Belangen des Natur- und Artenschutzes ist es für uns GRÜNE essentiell wichtig, dass die Bürger in einem transparenten Planungsprozess von Anfang an eingebunden werden. Daher muss es immer eine kommunale Entscheidung sein, ob und welche Fläche unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes ausgewiesen werden. Neben den Klimaschutzaspekten kann und muss es unser Ziel sein, die Wertschöpfung durch die Energiewende möglichst regional und für die Bürger vor Ort zu generieren. Denn die Beteiligung der Menschen vor Ort ist der Garant für die Akzeptanz und das Gelingen der Energiewende.
Die Windkraft ist die kostengünstigste Art, Strom aus einer erneuerbaren Energiequelle zu produzieren. Die Gestehungskosten bzw. die Vergütung für "Windstrom" liegt mittlerweile für neue Windkraftanlagen bei 8-9 Cent/KWh und entspricht somit annähernd denselben Kosten, mit denen ein Kohlekraftwerk Strom produziert. An der steigenden EEG-Umlage nimmt der Zubau von Erneuerbaren Energien lediglich 13% an den Gesamtkosten ein. Viel gravierender für den steigenden Strompreis bilden mit über 25 % die Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie und die damit einhergehende Befreiung solcher Unternehmen an den Kosten der Energiewende, die letztlich auf alle privaten Verbraucher umgewälzt werden. Das ist das Werk einer schwarz-gelben Bundesregierung, die keinen einheitlichen Plan von der Umsetzung der Energiewende besitzt, ja diese sogar verhindern will. Mit den Vorschlägen von uns GRÜNEN würde ein vierköpfiger Haushalt 50 Euro weniger für ihren Strompreis zahlen. Langfristig muss aber klar sein, dass wir uns nur mit der Umstellung auf Erneuerbare Energien aus der Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern befreien und damit bezahlbare Energie sichern können, da die fossilen Energieträger Kohle, Öl, Gas , Uran endlich sind und diese bei einem weltweit steigenden Energiebedarf in Zukunft teurer werden. Ein Ausbau der erneuerbaren Energie ist also weder unsinnig, noch unbezahlbar.
Für die Umsetzung der Energiewende werden wir in der Zukunft auch Speichermöglichkeiten für elektrische Energie benötigen. Bereits heute gibt es verschiedene Techniken für die Speicherung von Strom über längere Zeit. Nennen möchte ich beispielsweise das "Power-to Gas" Konzept, an dem das Fraunhofer IWES seit längerem forscht und arbeitet. Diese und andere Techniken sind bereits technisch umsetzbar und müssen in Zukunft noch ökonomischer werden, um in das System der Energiewende integriert zu werden. Viel wichtiger für die nahe Zukunft ist der Ausbau und die Erneuerung der Stromnetze, mit denen wir Engpässe im Netz lösen können und den erneuerbaren Strom von den Produktionsstandorten zu den Verbrauchstandorten liefern können. Ein ausgebautes und starkes Stromnetz vermindert die Notwendigkeit der Bereitstellung von größeren Speicherkapazitäten, da die Energie besser verteilt werden kann. Das würde auch für den Verbraucher einen niedrigeren Strompreis nach sich ziehen. Beim Ausbau der Netze hat die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits viel zu viel Zeit verstreichen lassen, was Mehrkosten für die Verbraucher bedeutet.
Auf dem internationalen Parkett beobachten zahlreiche Nationen die Umsetzung der Energiewende in Deutschland. Die Mehrheit der Staaten ist sich dabei einig "Wenn es die Deutschen schaffen, dann ist die Energiewende auch in anderen Ländern umsetzbar". Wir können die Energiewende in Deutschland schon heute technisch und ökonomisch umsetzen und dabei gleichzeitig Vorreiter für neue umwelt- und klimaschonende Technologien werden, wenn die Energiewende endlich nach einem Masterplan durchgeführt wird. Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) ist bereits heute zu unserem erfolgreichsten Exportschlager in über 90 Ländern geworden. Viele weitere Nationen wollen sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern befreien und haben eigene Ausbauprogramme für erneuerbare Energien geschaffen. Sie sehen: Als eine der größten Industrienationen und vor dem Hintergrund unserer weltweit erfolgreichen verbreiteten Technologien und Gesetze haben wir einen erheblichen Einfluss auf den Weltklimaschutz und müssen uns weiter konstruktiv mit anderen Ländern austauschen um endlich weltweit ein erfolgreiches Klimaschutzmodell auf den Weg zu bringen.
Für uns GRÜNE sind die Natur und der Erhalt unserer Umwelt und der Schutz der Menschen sehr wichtig. Eine intelligente Energiewende, wie wir GRÜNEN sie durchführen wollen, fördert diese Zielerreichung.
Für einen weiterführenden, konstruktiven Dialog stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Angela Dorn