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Anette Kramme
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Frage von Peter P. •

Wieso redet der BA-Vorsitzende Scheele über einen Fachkräftemangel? Ist der Arbeitsverwaltung nicht bekannt, dass es 16 Mio. atypisch Beschäftigte gibt? Will die SPD nichts für 16 Mio Menschen tun?

Meine Frage geht auf folgenden Umstand zurück: Wie der Bundesagentur für Arbeit BA bekannt sein dürfte, vielleicht auch nicht, gibt es bei den Stellenanzeigen z.B. in der Jobbörse der BA das Phänomen der Mehrfachstellenausschreibungen. Zu einem großen Teil werden für eine EINZIGE zu besetzende Stelle z.B.7 und sogar noch mehr Stellenanzeigen geschaltet. Dies geschieht über die einstellende Firma selbst und von dieser eingeschaltete Personalvermittler und - überlasser. Das ist auch kein Einzelfall, sondern ein Massenphänomen.

Die BA kann bei diesem Sachverhalt gar nicht ermitteln, wieviele offene Stellen es wirklich gibt. Warum dann das ganze Gerede über einen Fachkräftemangel?

Dass der Arbeitsmarkt nicht von Fachkräftemangel gekennzeichnet ist, sondern von einem Mangel an Arbeitsplätzen sieht man alleine an der unglaublichen Zahl von 16 Mio. atypisch Beschäftigten, also z.B. 1-EURO-Jobbern, BuFDis, Aufstockern usw.? Will die SPD nichts für diese Leute tun?

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Sehr geehrter Herr Peters,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Sie beziehen sich auf eine Stellungnahme des Vorstandvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit vom 24.08.2021, in der er eine höhere Zuwanderung zur Bewältigung des Fachkräftemangels befürwortete. Herr Scheele sprach von 400.000 Zuwanderern. Die Zahl von 400.000 beruht auf einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und beschreibt den Zuwanderungssaldo, der nötig wäre, um das Erwerbspersonenpotenzial konstant zu halten.

Zwar gibt es in Deutschland derzeit (noch) keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, allerdings können schon heute in bestimmten Regionen und Branchen offene Stellen nicht mit geeigneten Fachkräften besetzt werden. Dies betrifft vor allem die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) und den Gesundheitsbereich. Besonders in Süddeutschland und den neuen Bundesländern spitzt sich die Lage zu.

„Der Fachkräftemangel in Deutschland nimmt laut Ifo-Institut deutlich zu. Im Juli klagten laut einer vierteljährlichen Umfrage des Münchner Instituts 34,6 Prozent der deutschen Firmen über fehlende Mitarbeiter“, heißt es auch in einem Artikel des Spiegel vom 12. August 2021.

Ein großer Faktor, der insbesondere in der Zukunft einen entscheidenden Einfluss auf den herrschenden Fachkräftemangel haben wird, ist die alternde Gesellschaft in Deutschland. Die Alterung verstärkt als Teil des demografischen Wandels die Engpässe im Fachkräftebereich. Laut aktuellen Vorausberechnungen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, also Personen zwischen 20 und unter 65 Jahren, bereits im Jahr 2030 um 3,9 Millionen auf einen Bestand von 45,9 Millionen Menschen sinken. Im Jahr 2060 sind dann schon 10,2 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter.

Tatsächlich gibt es trotz Fachkräftemangel gleichzeitig auch eine hohe Zahl an atypisch Beschäftigten. Zu den atypischen Beschäftigungsformen werden Teilzeitbeschäftigungen mit 20 oder weniger Arbeitsstunden pro Woche, geringfügige Beschäftigungen, befristete Beschäftigungen sowie Zeitarbeitsverhältnisse gezählt.

Das Statistische Bundesamt schreibt dazu in seiner Pressemitteilung vom 03. September 2020, dass die Quote der atypisch Beschäftigten mit deutscher Staatsbürgerschaft bei 17,9% liegt, was in etwa 5,87 Millionen Menschen entspricht. Die Zahl ist seit Jahren rückläufig, 2011 waren noch 1,1 Millionen Menschen mehr in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis. Unser Ziel bleibt es dennoch, möglichst viele atypische Beschäftigungsverhältnisse in „reguläre“ Beschäftigung, also unbefristete Vollzeitjobs umzuwandeln.

Wir haben bereits die Brückenteilzeit und ein Rückkehrrecht in Vollzeit eingeführt. Wir unterstützen Beschäftigte im Strukturwandel, den die Digitalisierung und die die demografische Entwicklung mit sich bringen. Mit dem Qualifizierungschancengesetz erhalten Beschäftigte seit 2019 umfassenden Zugang zur Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit, wenn sie vom digitalen Wandel betroffen sind oder sich in einem Beruf weiterbilden wollen, in dem Fachkräftemangel herrscht.

Die SPD fordert die Reduzierung von befristeten Arbeitsverträgen und die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Wir stehen für die Zurückdrängung der Leiharbeit auf ihren ursprünglichen Zweck zur Bewältigung von Auftragsspitzen. Leiharbeiter sollen ab dem ersten Tag den gleichen Lohn erhalten wie Festangestellte. Wir wollen ein Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen Lebensphasen schaffen.

Den Fachkräftemangel werden wir jedoch nicht allein mit Arbeitnehmer*innen aus dem Inland decken können. Deutschland braucht aufgrund der demographischen Entwicklung die Unterstützung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland. Dafür steht seit 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zur Verfügung.

Die Fachkräftestrategie der Bundesregierung finden Sie übrigens hier: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2018/fachkraeftestrategie-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme

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