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Andrew Ullmann
FDP
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Frage von Gerlinde M. •

Haben Fallpauschalen, KSHV Verordnung 2015 seit Jahren maßgeblich zu systematischen Abbau in unserem Gesundheitssystem geführt? Ist das der Grund für Abbau von Pflegestellen, Intensivbetten 20/22?

Sehr geehrter Herr Ullman!
Wir stehen im 3. Jahr der Pandemie, mit neuen hoffnungsvollen Veränderungen des Atemwegvirus Omikron. Warum erhebt sich die Politik über kritische Aussagen aus vielen Bereichen der Wissenschaft u. Medizin, die keine Verhältnismäßigkeit 2022 mehr sehen für die Einführung einer Impflicht! (Herr Streeg, Herr Kekule, Herr Stöhr)
Der Pflegenotstand wurde durch die Pandemie deutlich, doch in erster Linie geschuldet wirtschaftlichem Handeln seit Jahren! Bei der Omikronvariante ist ein Fremdschutz trotz mehrfach Imfung nicht mehr gewährleistet!
Generation Baby Boomer kommt ins Rentenalter , es ist mit Zuwachs von Pflegebedürftigen zu rechnen u. dann noch eine Einrichtungsbezogene Impflicht, was für viele Menschen im Gesundheitswesen einem Berufsverbot gleichkommt. Das sind für mich katastrophale Vorstellungen! Was gedenken Sie zu tun den Pflegeberuf wertschätzend zu stärken u. Menschen für den Beruf wieder zu gewinnen?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau M.

Die Impfpflicht wurde intensiv diskutierte unter den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und unter Experten diverser Fachrichtungen. Durch die Komplexität der Fragestellung und die ethische Tragweite, existieren verschiedene Meinungen zu unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer möglichen Impfpflicht. Wir suchen vor allem einen Weg, der uns im kommenden Herbst und Winter nicht wieder dazu zwingt, weitgehende Einschränkungen treffen zu müssen, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden. Wir suchen also das mildeste Mittel um dieses Ziel effizient und in der gebotenen Kürze der Zeit zu erreichen. Es gibt und gab dazu auch in der Wissenschaft verschiedene Meinungen. Der von Ihnen erwähnte Klaus Stöhr war bspw. meiner Ansicht, dass es eine alterspezifische Impfpflicht geben könnte.

Die Daten zeigen, dass ab einem Alter von 50 Jahren eine relevante Steigerung des Risikos für einen schweren Verlauf und einem damit einhergehenden Krankenhausaufenthalt besteht. Leider zeigen die Daten auch, dass die Impfquote in dieser Gruppe mit erhöhtem Risiko noch ausbaufähig ist. Die Personengruppe über 50 Jahren hat dabei ein deutlich erhöhtes Risiko. Sie profitiert also immens von einer vollständigen Impfung, was die Folgen einer Infektion mit SARS-CoV-2 betrifft. In dieser Gruppe kommen individueller und gesamtgesellschaftlicher Nutzen in Bezug auf den Gesundheitsschutz im höchsten Maße zusammen. Der Impfschutz, mit dem Ziel das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, ist auch zum Schutz von Risikogruppen wie immungeschwächten Krebspatienten notwendig. Der Staat hat die Pflicht, Maßnahmen zum Schutz dieser vulnerablen Gruppen zu ergreifen und die bestehende Impflücke mit dem mildesten möglichen Mittel zu schließen. Und auch wenn durch die in Deutschland derzeit noch vorherrschende Omicron-Variante von SARS-CoV-2 eine geringeres Krankheitsrisiko für vollständig Geimpfte besteht und eine geringere Krankheitslast für die gesamte Gesellschaft, bleibt das Virus doch unberechenbar. Es besteht die Möglichkeit, dass andere (pathogenere) Varianten auch in Deutschland wieder dominant werden. Jene, die ungeimpft nur eine Infektion mit der Omicron-Variante durchgemacht haben, hätten voraussichtlich keinen guten Immunschutz bei einer Infektion bspw. mit der Delta-Variante.   

Ein Berufsverbot für Menschen im Gesundheitswesen besteht nicht. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist eine Fürsorgepflicht jenen gegenüber, die in den Einrichtungen sind und diese nicht ohne Nachtteile für sich selbst verlassen können. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht dient aber auch dazu, die Krankheitslast im Gesundheitssystem zu minimieren. Denn wir brauchen dort gesundes Personal. Gerne können Sie auch meine beigefügte Rede zum Thema im Bundestag noch anhören, um meinen Standpunkt besser zu verstehen.

Rede im Bundestag

Um den Pflegeberuf an sich zu stärken und dem herrschenden Mangel entgegenzuwirken, müssen zum einen die Arbeitsbedingungen angepasst werden, indem durch Bürokratieabbau unnötige Dokumentationspflichten ausgelagert werden, sodass die Pflegekräfte wieder mehr Zeit für die Betreuung der Patienten haben. Andererseits muss neben einer besseren Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf durch bessere Kontrolle von Arbeitsschutzzeiten eine dauerhafte finanzielle Besserstellung erfolgen, um die Anerkennung dieser gesellschaftlich wichtigen Leistung auch entsprechend spürbar zu würdigen. Ich denke allerdings auch, dass wir dringend eine Reform der Krankenhausstruktur angehen müssen, um das Personal dort einzusetzen, wo es gebraucht wird. 

Mit freundlichen Grüßen

Andrew Ullmann

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