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Andreas Tietze
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Frage von Kevin D. •

Frage an Andreas Tietze von Kevin D. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Tietze,

warum dürfen private Pflegeeinrichtungen 10% Rendite und mehr erwirtschaften und warum fehlt dieses Geld dann um den Pflegebedürftigen zu versorgen?

Selbst bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt ist heute in der Bundesrepublik Deutschland nicht immer eine optimale Therapie aufgrund von Personalmangel im Pflegeberuf möglich. Ich habe das selbst im engsten Verwandtenkreis mitbekommen.

Auf der Homepage des statistischen Bundesamtes finden Sie die Pflegestatistik 2017. Darin sieht man das in den nächsten 15 Jahren über 40% aller beruflich Pflegenden in Rente gehen wird. Über 477.000 Pflegekräfte. Nachwuchs im Pflegeberuf? Gibt es viel zu wenig. Fluktuation von Pflegepersonal und immer mehr Pflegebedürftige lassen das Pflegesystem in Deutschland gegen 2028 zusammenbrechen, wenn sich nichts ändert.

Die Uhr tickt.
Sie haben jetzt noch die Chance etwas zu verändern!

• Setzen Sie sich dafür ein, dass Renditen von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Pflegediensten nicht mehr über 10% (teilweise noch deutlich höher) betragen dürfen. 3% Rendite sollte vollkommen ausreichend sein. Im Pflegesystem ist genug Geld, es kommt nur nicht bei den Pflegebedürftigen und den Pflegekräften an.

• Unterstützen Sie die Selbstbestimmung der Pflege. Die Pflege braucht keine Zwangsverkammerung in Form einer Pflegeberufekammer, die das hart erarbeitete Geld einer Pflegefachkraft eintreibt. Eine kostenlose und freiwillige Mitgliedschaft wie ein Pflegering in Bayern vergrault keine langjährigen und hochqualifizierten Fachkräfte aus dem Beruf.

• Setzen Sie sich dafür ein, dass Pflegekräfte ein leistungsorientiertes Gehalt bekommen und auch schon in der Ausbildung eine angemessene Vergütung erhalten.

Es ist mir wirklich wichtig, dass kein Mensch mehr aufgrund von Personalmangel im Pflegeberuf zu Schaden kommt. Denken Sie bitte darüber nach.

Ich danke Ihnen für Ihre Zeit und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen aus Kellinghusen

K. D.
Altenpfleger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Damerow,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Professionelle Pflege ist
systemrelevant. Aber zu oft spiegeln der Lohnzettel und die Arbeitsbedingungen das nicht
angemessen wider. In Europa sind 57 Prozent des Gesundheitspersonals in einem Pflegeberuf
tätig. Ähnlich stellt sich dieses Verhältnis auch in Deutschland dar. Doch nicht nur zahlenmäßig
nimmt die berufliche Pflege einen wichtigen Stellenwert ein. Professionelle Pflegekräfte setzen
sich mit ihrer qualifizierten Arbeit dafür ein, das Leben, die Gesundheit und die Lebensqualität anderer Menschen zu erhalten, in Krankenhäusern, in stationären Pflegeeinrichtungen, bei
ambulanten Pflegediensten, in Reha-Einrichtungen, in der Behindertenhilfe oder zu Hause. Dafür
haben sie gesellschaftliche Wertschätzung und finanzielle Anerkennung verdient. In der CoronaKrise waren und sind kurzfristige Maßnahmen nötig, um die Berufsgruppe zu schützen und zu
entlasten. Dabei darf es jedoch nicht bleiben. Notwendig sind grundlegende Verbesserungen für
den Berufsstand. Unsere Grüne Bundestagsfraktion hat deshalb den Antrag „Professionelle
Pflegekräfte wertschätzen und entlasten – nicht nur in der Corona-Krise“ (https://
dserver.bundestag.de/btd/19/191/1919136.pdf) eingebracht.

Es ist überfällig, den Arbeitsalltag von Pflegekräften endlich nachhaltig zu verbessern, statt sich
mit Einmalzahlungen zu befassen. Dazu ist insbesondere in der Altenpflege eine tarifgebundene
Bezahlung notwendig, um den Wert der Arbeit auch finanziell anzuerkennen. Die hierzu in der
Zwischenzeit erfolgten Verhandlungen und Bemühungen von Tarifpartnern und Politik sind jedoch
fehlgeschlagen. Der Versuch, einen Tarifvertrag für allgemein verbindlich zu erklären, ist erst
einmal gescheitert. Nun plant die Bundesregierung gesetzlich nachzusteuern und eine
„Pflegereform light“ umzusetzen. Das wird den Pflegefachkräften in dieser wichtigen Frage kaum
gerecht. Erforderlich ist zudem, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
Personalbemessungsregelungen in der Alten- und Krankenpflege eingeführt werden, die sich am
tatsächlichen Pflegebedarf der Menschen orientieren. Dass dies mit den derzeit geplanten
gesetzlichen Regelungen gelingen kann, ist fraglich.
Wir fordern außerdem mehr Eigenverantwortlichkeit für die Pflegeberufe, unter anderem indem die
Möglichkeit, heilkundliche Tätigkeiten auszuüben, dauerhaft verankert wird. Und professionell
Pflegende brauchen eine stärkere Stimme im Gesundheitswesen. Deswegen sollte die Gründung
einer Bundespflegekammer unterstützt werden und für sie Mitspracherechte in allen relevanten
Gremien des Gesundheits- und Pflegewesens eingeräumt werden. Weil Pflegekräfte nicht nur in
Pandemiezeiten die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung erhöhen, haben wir uns dafür
stark gemacht, sie in dieser wichtigen Funktion zu unterstützen. Hierbei spielt die pflegeberufliche
Selbstverwaltung eine wichtige Rolle.
Nicht zuletzt müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Arbeitsbedingungen zu
verbessern und den Pflegeberuf attraktiver zu machen, etwa durch mehr Digitalisierung in der
Pflege.. Unsere Vorschläge für die Digitalisierung in der Pflege und im Gesundheitswesen, haben
wir in unserem Entschließungsantrag zum DVPMG (https://dserver.bundestag.de/btd/
19/294/1929407.pdf) dargelegt. Nur wenn alle Akteur*innen zusammenarbeiten und ihre Expertise frühzeitig in den
Entwicklungsprozess einbringen können, kann aus der Digitalisierung im Pflege- und
Gesundheitswesen echter Nutzen entstehen. Insbesondere Patient*innen müssen in die
Entwicklung digitaler Angebote viel umfassender und systematischer einbezogen werden als
bisher. Eine politische Strategie dazu muss konsequent an den Bedürfnissen und
Notwendigkeiten des Pflege- und Gesundheitswesens sowie der Patient*innen und
Pflegebedürftigen ausgerichtet sein. Ein nachvollziehbarer Fahrplan würde den beteiligten
Akteur*innen zusätzlich Planungssicherheit verschaffen.