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Frage von Maximilian F. •

Frage an Andreas Steiner von Maximilian F. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrte Herr Steiner,
Mir ist aufgefallen und es imponiert mir ehrlich gesagt auch, daß der Einzelkandidat Stefan Buck aus Balingen, zum Einen seinen Wahlkampf ausschließlich aus eigenen Mitteln bestreitet und zum Zweiten,er sich massiv deutlich gegen die, auch meines Erachtens nach völlig überzogenen Politikergehälter stellt und eine klare Senkung Dieser fordert.
Frage:
Wie stehen Sie den aktuellen Abgeordnetengehältern gegenüber und wie finanzieren Sie ihren Wahlkampf?
Ich sehe einer zeitnahen Beantwortung vor der Wahl entgegen und verbleibe bis dahin,
Mit freundlichem Gruß
Maximilian Freytag

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Antwort von
WIR2020

Sehr geehrter Herr Freytag,

herzlichen Dank für Ihre Frage die ich Ihnen gerne beantworte.

Ebenfalls besten Dank für Ihren Hinweis und Ihre Anmerkungen mit Bezug zu Herrn Buck, den ich nicht persönlich kenne. Auch ich finde es imponierend, wenn dem so ist, dass Herr Buck seine Kandidatur aus eigenen Mitteln finanziert. Genau so sieht das bei mir aus. Seit März 2020 investiere ich meine gesamten Ersparnisse in "die Sache". Zudem kommt der Großteil meiner Lebens- bzw. Wachzeit als Investition hinzu. Nebenher versuche ich händeringend Aufträge zu akquirieren, da ich als selbstständiger Organisationsberater - als Freelancer - arbeite. Zudem habe ich eine Familie, für die ich ebenfalls da sein möchte und da bin. Von WiR2020 habe ich mir keine finanziellen Mittel erhofft, oder den Nimbus einer Organisation, sondern Entlastung durch ein Miteinander im Sinne von Arbeitsteilung und der Ausrichtung von individuellen Fähigkeiten auf mindestens kompromissfähige Ziele. Bislang habe ich keine Aufrufe zu Spendengeldern gestartet. Ich möchte mich finanziell unabhängig bewegen, gleichzeitig soll für mich das alles keine "One-Man-Show" sein. Was ich mache, tue ich, weil ich es mitunter als meine Berufung und Pflicht betrachte, das zu tun, was ich mache - ohne dass diese Pflicht lediglich die Maskerade der Bürde ist. Es geht für mich um ein Miteinander, füreinander. Es geht für mich darum, "Stimmen zu hören", und möglichst im Konsensverfahren die besten Lösungen zu finden und diese tatsächlich umzusetzen. Kommunikation ist für zwischenmenschliche Beziehungen essentiell, jedoch reicht Reden alleine eben nicht aus. Würde ich nicht von meiner Verlobten, die bspw. meine Wahlplakate und Flyer designed hat, meiner Familie, von einzelnen Freunden, und dem ein oder anderen WiR-ler bzw. jenen Menschen, welche eine Unterstützungsunterschrift geleistet haben, unterstützt werden, könnte ich bei der Landtagswahl nicht antreten. Ich hatte darüber nachgedacht ebenfalls parteilos zu kandidieren, jedoch ist mir eine Gemeinschaft wichtiger, und gleichzeitig kann "das Viele" ohne "das Einzelne" nicht existieren. Andererseits wünsche ich mir weder einen Parteienkult, noch einen sonstigen Organisations-, Menschen-, oder gar Führerkult.

Zu Ihrer Frage: "Wie stehen Sie den aktuellen Abgeordnetengehältern gegenüber und wie finanzieren Sie ihren Wahlkampf?"

Die Diäten der Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg belaufen sich, mit Stand vom Juli 2020, auf eine sogenannte Entschädigung in Höhe von monatlich 8'210 Euro. Hinzu kommen weitere Entschädigungen, Zuwendungen und Spesen, bspw. für Reisen oder ein Wahlkreisbüro. Ferner dürfen Abgeordnete mit der Bahn kostenlos in Baden-Württemberg fahren und es steht den Abgeordneten nach dem Ausscheiden aus dem Landtag Übergangsgeld zu, das abhängig von der Parlamentszugehörigkeit ist. Hinzu kommt ein Vorsorgebeitrag in Höhe von monatlich 1.859 Euro. Alle weiteren Informationen hierzu stehen Ihnen auf folgender Website zur Verfügung: https://www.landtag-bw.de/home/der-landtag/abgeordnete/diaten.html.

 

Wie hieraus aus meiner Sicht ersichtlich wird, mangelt es einem Landtagsabgeordneten mit Bezug zur aktuellen Realkaufkraft nicht an finanziellen oder materiellen Mitteln. Eine professionelle Antwort ist meines Erachtens nach jedoch von weiteren Faktoren beeinflusst, die es für mich zu betrachten gilt, und Ihre Frage - leider - weitaus komplexer, als diese im ersten Moment erscheinen mag. Ich für meinen Teil halte mitunter nichts von reißerischen Parolen, einer Verbots- oder Misstrauensgesellschaft, Enteignungen, oder dergleichen, sondern von einer differenzierten Betrachtungsweise, Analyse, und Synthese, welche im günstigsten Fall in einem "reflektierten Gleichgewicht" steht, auf dessen Basis sinnvolle und wirksame Entscheidungen erarbeitet und umgesetzt werden. Deshalb hoffe ich - und damit laufe ich Gefahr dem Politiker-Stereotyp in manchen Augen gerecht zu werden - dass Sie mir gestatten würden, etwas umfassender zu antworten und dabei mitunter aus meiner persönlichen Erfahrung und Expertise zu berichten:

Ungefähr im Jahr 2011 fragte ich meinen damaligen Abteilungsleiter zu meiner Zeit in der Schweiz, was denn aus seiner Sicht ein "legitimer Lohn" sei. Er schaute mich verdutzt und nachdenklich an, konnte mir diese Frage nicht beantworten. Wir gingen wortlos auseinander.

Sie merken an, dass Ihres Erachtens nach die Politiker-Gehälter "völlig überzogen" seien, und Sie sich - wie dies gemäß Ihren Ausführungen auch Herr Buck fordert - eine "klare Senkung" wünschen. Das ist Ihre Bewertung und ich kann nicht beurteilen, welche Faktoren Sie für Ihre Schlussfolgerungen betrachtet haben. Geld ist im organisationspsychologischen Kontext ein sogenannter "Hygienefaktor". Vor allem dann, wenn die "Hygiene" zu gering ist, wird es schwierig, unangenehm, und ggf. sogar unhygienisch. Peter Drucker, einer meiner geistigen Austauschpartner im Kontext von Management-Philosophie, meinte zu Lebzeiten in etwa, dass mit steigender Position die Gehälter wieder abnehmen sollten, damit Führungspositionen nur jene Menschen annehmen, welche tatsächlich auch Führungspersönlichkeiten sind oder das Ziel haben eine Führungspersönlichkeit zu werden. Aristoteles würde sicherlich "einen Telos" voraussetzen, also so was wie eine Art Talent oder im Inneren schlummerndes Potential. Auch lt. Drucker solle jeder jedoch so viel Geld verdienen, dass er oder sie sich um Geld keine Sorgen machen muss, um sich auf das zu konzentrieren, worum es geht, nämlich mitunter darum, effektive, i.e. wirksame, Ergebnisse zu erzielen. Das liegt aus meiner Sicht nahe, denn Geld dient dem Menschen in erster Linie zur Sicherung des Lebensunterhalts. Befriedigt somit vor allem ein Grundbedürfnis nach Sicherheit. Wird dieses Sicherheitsbedürfnis jedoch ständig torpediert, lebt dieser Mensch in Angst. Angst kann zwar ein Antreiber sein, aber eben genau das: Ein AN-TREIBER. Ungesund und beschränkend. Potentiale des Menschen können sich in ständiger Angst nicht vollständig entfalten. Drucker spricht außerdem, so wie ich, von Gewinnoptimierung statt Gewinnmaximierung. Aus meiner Perspektive würde ich für die Menschen im Land Baden-Württemberg auch für 50% der aktuellen "Entschädigungen" im Landtag arbeiten - vielleicht sogar für weniger. Eines kann ich Ihnen versichern: Sollte mir jemand ein unmoralisches Angebot machen wollen, dann darf dieser Jemand auf dem Absatz kehrt machen und das Zimmer durch jene Tür wieder verlassen, durch die dieser Jemand diesen Raum zuvor betreten hatte. Käuflich bin ich nicht. Erpressbar vielleicht, sprich, wenn das Leben meiner Familie oder mein eigenes Leben tatsächlich am "seidenen Faden" hängen würde - aber ich schätze, es ist menschlich, leben zu wollen, und abzuwägen, was wichtiger ist. Jedoch kommt es selbst bei diesem Umstand auf den Einzelfall an. Würde es lediglich um mein eigenes Leben gehen, drücke ich den "roten Knopf" trotzdem nicht, selbst dann, wenn ich deshalb mein Leben investieren müsste. Meine Haltung ist jene, dass ich nicht "gegen etwas" sein möchte, sondern meine Energien "für etwas" einsetze - konstruktiv, lösungsorientiert, vereinend. Zudem halte ich auch nichts davon noch mehr Gesetze, Regeln, und Verbote - inflationär, wie unsere Lebensmittelüberproduktion - zu generieren, und damit das verworrene, undurchschaubare Dickicht auszubauen, was dadurch zusätzlich undurchsichtig wird und Verstecke bietet, weil das Unkraut offenbar nicht sonderlich akribisch gejätet wird. Viel wichtiger ist für mich jedoch, weil Menschen dazu neigen, sich der Kontrolle anderer Menschen zu entziehen, sich als Gesellschaft insgesamt weiterzuentwickeln. Für eine gesellschaftliche Entwicklung bedarf es der persönlichen Entwicklung eines jeden einzelnen Menschen, die auf der Einsicht fußt, „richtig“ zu handeln. Mehr Verbote bedürfen mehr Kontrolle. Paradoxerweise muss aus einem Mehr an Kontrolle nicht zwangsläufig ein Mehr an Sicherheit folgen. Teile der „Kontrollierten“, welche sich nicht dem Zwang der Kontrolle unterwerfen möchten, suchen ggf. vermehrt Wege, sich dieser Kontrolle zu entziehen. Hierdurch werden diese dann wiederum sehr einfach zu „Kriminellen“ degradiert. Die Kontrollierenden auf der anderen Seite laufen Gefahr sich in einer massiven Ausweitung der Kontrolle zu verrennen. Ein Teufelskreis entstünde oder vielleicht ein Stillstand. Vielleicht führt eine gewaltsam eingeforderte Reduktion der Gehälter somit zum Gegenteil von dem, was erreicht werden soll. Deshalb möchte ich mich bspw. für die Kultivierung von Tugenden einsetzen. "Geld war dazu gedacht, im Tausch verwendet zu werden, aber nicht, sich gegen Zinsen zu vermehren", sagte offenbar Aristoteles. Das Gehalt steht für mich folglich im Zusammenhang mit den Aufgaben, der Verantwortung, dem Risiko, und vor allem in Verbindung mit den erzielten Ergebnissen und deren Effektivität und Sinnhaftigkeit. Apropos Sinn: Vielleicht würde es Sinn machen, die Gehälter im Rahmen einer landesweiten Abstimmung neu festlegen zu lassen. Die Entscheidung darüber, was ein legitimer Lohn für diesen Beruf ist, läge damit beim Volk. Aus meiner Sicht gehört die Erarbeitung der Entscheidung über die Höhe ganz genau dort hin. Ich selbst kann Ihnen aktuell keine konkrete Zahl nennen, was unter anderem damit zusammenhängt, dass mir die genaue Übersicht zu den genannten Einflussfaktoren im Zusammenhang mit den Gehältern für Landtagsabgeordnete fehlen. Ich bin kein materialistischer Mensch. Eigentlich habe ich selbst bereits alle Gegenstände, die ich brauche. Wenn der Lebensunterhalt meiner Familie jedoch gesichert ist, um ein möglichst von Geldsorgen befreites Leben führen zu kennen, ist mir die Summe ziemlich egal. Somit gebe ich folgende Fragen an Sie weiter:

  1. Was ist aus Ihrer Sicht ein legitimer Lohn für einen Landtagsabgeordneten?

  2. Auf welche Art und Weise würden Sie den Wert der Arbeit eines Landtagsabgeordneten ermitteln?

Bitte verzeihen Sie, dass ich abschließend keine konkrete Zahl genannt habe, jedoch hielte ich dies für vermessen.

Meine Antwort zu Ihrer Frage habe ich am 10. Februar 2021 um 16:30 Uhr fertiggestellt und versendet. Leider konnte ich Ihre Frage nicht direkt auf der Plattform beantworten, da ich die Antwort per Email zuerst an eine Email-Adresse von abgeordnetenwatch.de senden muss, damit meine Antwort veröffentlicht werden kann. Ich hoffe somit, dass Ihre Antwort zeitnah genug beantwortet und publiziert wird und wurde. Letzteres liegt leider nicht in meinen Händen, sonst hätten Sie bereits meine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

 

Andreas Steiner