Frage an Andreas Schwab von Timo P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schwab!
Wie der polnische Präsident Kaczynski unterschreibt Bundespräsident Köhler nicht den EU-Reformvertrag. Außerdem haben Bundestagsabgeordnete Verfassungsbeschwerde gegen den Vertrag eingereicht. Ist der Lissabon Vertrag nun endgültig gescheitert?
Mit freundlichen Grüßen
Timo Polte
Sehr geehrter Herr Polte,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Auch wenn sich der Ratifizierungsprozess erneut verzögert, wie jetzt durch das "Nein" der Iren und die Positionierung des polnischen Präsidenten Kaczynski geschehen, so darf man nicht übersehen, dass der Vertrag das Ergebnis langjähriger Beratungen ist und die Mitgliedstaaten, aber auch die europäische Öffentlichkeit vollumfänglich einbezogen waren. Es kann weiterhin nur im größten Interesse der EU-Mitgliedsstaaten und seiner Bürgerinnen und Bürger liegen, wenn der Vertrag in Kraft tritt.
Was die Unterzeichnung des ausgehandelten Vertrages durch den Bundespräsidenten Horst Köhler betrifft, so ist diese vor allem eine formale Entscheidung. Indem der Bundespräsident die vollständige Prüfung des Lissabon-Vertrages durch das Bundesverfassungsgerichtes abwartet, sichert er sich mit seiner Entscheidung ab und kommt damit auch einer Bitte des Bundesverfassungsgerichtes nach. Das ist nicht zu beanstanden und war auch früher schon einmal so geschehen.
Der Vertrag von Lissabon schafft Vorraussetzungen für die gemeinsame Bewältigung der derzeit wesentlichen Fragen der Energiesicherheit, des Klimawandels, der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität sowie der Einwanderungspolitik. Er stellt die Gleichberechtigung des Europäischen Parlaments mit dem Rat sicher und stärkt die nationalen Parlamente. Somit ist er das Beste, was für die europäischen Bürgerinnen und Bürger im jetzigen Moment erreicht werden kann und ich vertraue deshalb auf die Staats- und Regierungschefs für die nötige Führungsstärke, den eingeschlagenen Kurs gemeinsam zu halten.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schwab