Frage an Andreas Schwab von Gregor S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
Sie schreiben in Ihrer
Antwort auf Herrn Mauch in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung:
Mit dem alleinigen Ziel der Aufklärung von Straftaten (...) sollen Daten aus Telefonaten, Kurzmitteilungen und Internetnutzungen gespeichert, verwaltet und ausgewertet werden dürfen.
Gehe ich damit Recht in der Annnahme, dass dann diese Daten auf keinen Fall privaten Firmen zu Zwecken der Abmahnung zugänglich gemacht werden dürfen?
Was gedenken Sie dann gegen das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu unternehmen, das der Deutsche Bundestag (aufgrund einer EU-Richtlinie) vor wenigen Tagen verabschiedet hat und das privaten Firmen den
Zugriff auf diese Daten ermöglicht, die ja nur zur Ermittlung von Straftaten und nicht zur Durchsetzung privater Interessen da sind, zu unternehmen?
Oder dient die Übermittlung der Daten an private Abmahnkanzleien der Terrorbekämpfung?
Wie wollen Sie allgemein die Glaubwürdigkeit von Politikern verbessern?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor Schlingloff
Sehr geehrter Herr Dr. Schlingloff,
ich danke Ihnen für Ihre Rückfrage zum Thema Speicherung von Verkehrsdaten zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.
In meiner Stellungnahme zur Frage von Herrn Mauch habe ich mich auf die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland anhand des "Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG" (TKG) bezogen. Wie ich in meinen Ausführungen betont habe, beinhaltet dieses Gesetz den Paragraphen 113b, wonach Telekommunikationsunternehmen verpflichtet sind die gespeicherten Daten zur Verfolgung von Straftaten, zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes an die zuständigen Stellen auf deren Verlangen zu übermitteln, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. Dabei dürfen die zur Speicherung verpflichteten Unternehmen allein aufgrund der Speicherungsverpflichtung vorgehaltene Daten nach § 113 TKG nicht an private Stellen oder Personen, z. B. zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, übermitteln.
Somit wird klar gestellt, dass eine Verwendung von gespeicherten Telekommunikationsdaten lediglich aufgrund der oben benannten Gefahrenzustände zu rechtfertigen ist und diese Daten auf keinen Fall privaten Firmen zum Zwecke der Abmahnung zugänglich gemacht werden dürfen.
Die Ausgestaltung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche hingegen wurde, wie Sie bereits erwähnten, im Bundestag durch das "Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" geregelt. Mit diesem Gesetz wurde unter anderem das Urheberrechtsgesetz geändert. Der darin enthaltene Auskunftsanspruch bzgl. Verkehrsdaten bezieht sich jedoch nicht auf Daten, die allein aufgrund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a TKG vorhanden sind. Vielmehr handelt es sich dabei um gezielt abgefragte Verkehrsdaten von Produktpiraten deren Machenschaften im Internet mit dem neuen Gesetz ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden soll. Um einem Missbrauch dieser Daten vorzubeugen, wird privaten Unternehmen der Zugang zu diesen Daten nur unter bestimmten, sehr eng gefassten Voraussetzungen gewährt. Eine Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist, dass der Rechtsverletzer im gewerblichen Ausmaß gehandelt hat. Über die entsprechende Herausgabe von hinter einer IP-Adresse stehenden Nutzerdaten muss sogar ein Gericht entscheiden. § 101 Abs. 1 Abs. 9 des Urheberrechtsgesetzes lautet dazu:
"Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. [...]"
Aufgrund der neuen Rechtslage wird auch dem Abmahnunwesen einiger Kanzleien wirksam entgegen getreten, indem bei einfach gelagerten Fällen von Produktpiraterie eine Deckelung der Abmahnkosten bei 100,-- ? erfolgt.
Zusammenfassend möchte ich nochmals betonen, dass die Daten der Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich nicht zur Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche genutzt werden dürfen. Der Entwurf des Telekommunikationsgesetzes hat dies auch zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Privatrechtliche Auskunftsansprüche ergeben sich lediglich aus dem geänderten Urheberrechtsgesetz und unterliegen strengen Zugangsvoraussetzungen. Damit wird sowohl ein wirksamer Urheberrechtsschutz vor Produktpiraterie gewährleistet, als auch die Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität effektiv vorangetrieben.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schwab