Frage an Andreas Schwab von Anja S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
ich weiß, Sie vertreten als EVP-Abgeordnerter eine positive Position zu der geplanten Urheberrechtsreform. Lokal hat sich die CDU in Deutschland ja zwischenzeitlich darauf verständigt, dass die Uploadfilter in Deutschland nicht eingesetzt werden sollen.
Als EU-Bürger und -Wähler fordere ich Sie dennoch auf, im EU-Parlament zumindest gegen Art. 11 und 13 der geplante "Reform" des Urheberechts zu stimmen. Diese Artikel können dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird. Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer Userinnen und User präventiv unterbinden, was in der Praxis nur mittels fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar wäre (Art. 13). Zudem müssten alle Webseiten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten (Artikel 11). Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen.
Das ist nicht im Sinne einer demokratischen, offenen Gesellschaft.
Wie und mit welchen Maßnahmen können Sie innerhalb der EU konkret sicherstellen, dass dieser Effekt in der restlichen EU nicht eintritt, wenn Sie kommende Woche dennoch für die Änderung stimmen?
Freundliche Grüße
A. S.
Sehr geehrte Frau S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Thema Urheberrecht.
Das Urheberrecht wurde im Jahr 2001 zuletzt modernisiert. Damals stand das Internet noch ganz am Anfang. Zugriff auf kreative Werke und Presseartikel über Musikstreamingdienste, Plattformen für den Videoabruf, Nachrichtenaggregatoren und Plattformdienste mit von Nutzern hochgeladenen Inhalten gab es damals noch nicht. Daher ist es höchste Zeit, dass wir eine Anpassung an das digitale Zeitalter vornehmen.
Derzeit ist es häufig so, dass große Internetdienste mit urheberrechtlich geschützten Inhalten hohe Gewinne erwirtschaften, ohne das die Musiker, Künstler oder Journalisten, die diese Inhalte erschaffen haben, an den Gewinnen beteiligt werden. Die nun ausgehandelte Urheberrechtsreform schafft deshalb faire Regeln, die auch Musiker, Künstler und Journalisten an den Gewinnen beteiligen.
Zu den Uploadfiltern möchte ich sagen, dass eine technische Überprüfung von Inhalten in jedem Fall nur in dem vom Richtlinientext vorgegebenen rechtlichen Rahmen möglich wäre. Die Richtlinie legt explizit fest, dass das Publizieren von Inhalten, die die Urheberrechte nicht verletzen, nicht verhindert werden darf, und dass bei Beschwerden durch Nutzer im Falle einer Nichtveröffentlichung eine nicht-maschinelle, manuelle Prüfung des Inhalts vorzunehmen ist. Das stellt eine deutliche Verbesserung dar, denn derzeit werden Filtertechnologien bereits eingesetzt, allerdings im Ermessen der Plattformen und ohne gesetzlich vorgegebene Rahmenbedingungen.
Die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit wird durch die Urheberrechtsreform nicht beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil. Mit den neuen Regeln wollen wir ja gerade dafür Sorge tragen, die Nachhaltigkeit bei der Produktion von kulturellen Inhalten und Presseerzeugnissen sicherzustellen. Denn nur so können wir die Vielfalt an kulturellen Inhalten und Presseerzeugnissen in Europa dauerhaft erhalten.
So verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Schwab