Frage an Andreas Schwab von Hans-Jürgen W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
das Gesetz zur Panoramafreiheit ist fundamentaler Bestandteil unserer Demokratie. Der Änderungsantrag 421, angenommen durch den Rechtsausschuss mit den Stimmen der Christdemokraten, Sozialdemokraten und Jean-Marie Cavada (Liberale) zielt auf eine Beseitigung der Panoramafreiheit. Sie erlaubt Journalisten und jedermann von Ereignissen zu berichten, ohne befürchten zu müssen wegen unerlaubter Abbildung von Gebäuden, die zwangsläufig bei Ereignissen im öffentlichen Raum mit auf dem Bild erscheinen, belangt zu werden.
Die Abschaffung der Panoramafreiheit kommt einer Zensur gleich, da jeder ein missliebiges Foto abmahnen - verbunden mit hohen Abmahngebühren - oder durch Schadensersatzforderungen gegen den Fotografen verhindern bzw. derart verteuern kann, das es für den Fotografen ein unkalkulierbares Risiko darstellt. Welche Zeitung oder Fernsehsender kann es ohne Panoramafreiheit riskieren Bilder von politischen Ereignissen zu senden, weil bei einem Kameraschwenk ein Gebäude ins Bild kommt. Es ist auch nicht zu verstehen warum Architekten ein Urheberecht für Ihre Arbeit zustehen soll, sie sind für ihre Leistung bezahlt worden. Warum sollen sie anders behandelt werden als andere Berufsgruppen, z.B. Modedesigner oder Frisöre. Oder soll ich zukünftig Gebühren an meinen Modedesigner/Frisör entrichten weil ich ein Bewerbungsfoto von mir herstellen lassen will? Schließlich sind auf dem Foto die Kleidung und meine Frisur zu sehen.
Ich fordere Sie hiermit auf für den Erhalt des freien Zugangs zu Bilddokumenten aus dem öffentlichen Raum einzutreten, den Dschungel von Gebühren nicht weiter zu fördern durch Abschaffung der Panoramafreiheit und den mutmaßlich mehrheitlichen Willen des deutschen Volkes nach Erhalt der Panoramafreiheit zu respektieren.
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
H. W.
Sehr geehrter Herr W.!
Vielen Dank für Ihre Frage.
Zunächst einmal kann ich Sie beruhigen, dass das Dokument, das derzeit diskutiert wird (unter anderem der Änderungsantrag 421), eine reine Meinungsäußerung des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments ist. Dieser Initiativbericht beinhaltet Empfehlungen des Parlaments an die Kommission. Die Kommission wird dann in den kommenden Monaten einen Gesetzentwurf zum Urheberrecht vorlegen. Anschließend erfolgt die Beratung durch Parlament und Rat. Der am 9. Juli abzustimmende Bericht ist somit auf keinen Fall ein „Gesetz“.
Der EVP-Fraktion ist es ein wichtiges Anliegen, an dem derzeit in Deutschland geltenden Rahmen bezüglich der Panoramafreiheit festzuhalten. Der von unserer Seite bevorzugte, weniger restriktive Vorschlag war im Rechtsausschuss bislang leider nicht mehrheitsfähig. Für den im Herbst zu erwartenden Gesetzgebungsprozess werden meine Kollegen der EVP-Fraktion und ich uns dafür einsetzen, dass eine ausbalancierte Lösung geschaffen wird und der Zugang zu Bilddokumenten aus dem öffentlichen Raum gewährleistet bleibt. Wir bleiben an dem Thema dran!
Beste Grüße
Andreas Schwab