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Frage von Marco H. •

Frage an Andreas Schwab von Marco H. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Hallo Herr. Dr. Schwab,

zum Thema TTIP- Investitionsschutz heißt es u.a. dass Staaten den Investoren eine „gerechte und billige Behandlung“ zusichern. Heißt in diesem Zusammenhang gerecht und fair, dass zukünftig weder nationale bzw. staatliche Gerichte noch Behörden ein Mitspracherecht oder auch nur irgendeine Interventionsmöglichkeit erlangen, wenn Unternehmen meinen das ihre Investitionen schutzbedürftig und gefährdet sein?

Man munkelt, dass geheime Schidsgerichte auf beiden Seiten des Antlantiks weiter ausgebaut werden. Bestes Beispiel für eine solche intransparente Rechtsprechung ist ja der Fall Vattenfall. Das Unternehmen klagt bekanntlich vor einem -nicht öffentlichen- Gericht gegen die BRD und die Entscheidung des Atomausstiegs.

Ist es nicht überheblich zu denken, dass man die Bürger - zwar als Bürgen- eines Landes ungestraft wie eine Weihnachtsgans ausnehmen darf? Schließlich wird bei einer positiven Entscheidung für Vattenfall, eine Entschädigung in Form von Steuergeldern fällig.

Wie stehen Sie dazu? Welche Möglichkeiten ergreifen Sie, wenn das Parlament am 10.06.15 zur Abstimmung geben wird? Wie entscheiden Sie sich?

Mit besten Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift.

Wussten Sie, dass bei ca. 90 Prozent der Schiedsgerichtsverfahren kleine und mittelständische Unternehmen klagen? Oft geht es um alltägliche Dinge, wie zum Beispiel die Vorenthaltung einer Lizenz oder ähnliches. Diese Unternehmen versuchen, sich gegen die Diskriminierung des Landes zu verteidigen, in dem sie Investitionen getätigt haben.

Und zum Fall "Vattenfall": Vattenfall klagt nicht gegen den Atomausstieg, sondern behauptet anders als die deutschen Atomkraftwerkbetreiber Eon, RWE und EnBW benachteiligt worden zu sein im Rahmen des Auslaufens der Betriebsgenehmigungen für die eigenen Kraftwerke. Nur zu Ihrer Information: RWE hat bereits vor einem hessischen Verwaltungsgericht gegen das Atomausstiegsgesetz (und der darauf beruhenden Stilllegungsverfügung für ein RWE Kraftwerk) geklagt und – vor einem deutschen Gericht, wohlgemerkt! – Recht bekommen. Wie das Verfahren "Vattenfall" ausgeht, kann ich nicht vorhersagen, nur: Schiedsgerichte können auch nicht einfach irgendetwas entscheiden!

Die nationalen Gerichte in den USA beispielsweise wenden ausschließlich amerikanisches Recht an und sind nicht an internationale Abkommen wie TTIP gebunden. Außerdem werden US-Richter oftmals direkt vom Volk gewählt und fühlen sich daher ihren örtlichen Wählern in der Regel sehr verbunden. Diese Umstände führen immer wieder zu Diskriminierungen europäischer Investoren auch vor Gerichten in den USA.

Unabhängige Schiedsgerichte sind in diesen Fällen oftmals die einzige Möglichkeit für die europäischen Investoren, effektiven Rechtsschutz zu erhalten. Die CDU spricht sich daher für eine Reform des Systems zum Schutz von Investoren und einen ausgewogenen Ansatz dazu in TTIP aus. Die pauschale Verweigerungshaltung vieler TTIP Gegner gegenüber einem seit Jahrzehnten funktionierenden System der Streitschlichtung (die Bundesrepublik hat bereits 139 solcher Abkommen abgeschlossen) ist der falsche Weg. Statt aus ideologischen Gründen Ängste zu schüren, die in eine Sackgasse führen, brauchen wir klare Regeln und Investitionssicherheit. Diese brauchen nicht vorrangig die Großkonzerne, sondern die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

Die Kommission hat hierzu nun am 5. Mai 2015 nach einer Konsultation der breiten Öffentlichkeit ein Konzeptpapier zu einer Reform des ISDS veröffentlicht, welches Anregungen auch von Seiten des Europäischen Parlaments mit einbezieht: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/may/tradoc_153455.pdf. Zur Verbesserung des Systems werden die Ernennung ständiger Schiedsrichter, eine Angleichung der Qualifikationsanforderungen an diejenigen für nationale Richter und Einführung eines Berufungsmechanismus. Ferner wird vorgeschlagen, dass die EU parallel die Einrichtung eines mit Berufsrichtern besetzten internationalen Investitionsgerichts als Berufungsinstanz vorantreibt, das an die Stelle bilateraler Mechanismen treten soll.

Das Konzeptpapier ist für die weiteren Diskussionen ein Schritt in die richtige Richtung, dennoch sind die Verhandlungen noch nicht beendet. Deswegen werden wir am Ende prüfen müssen, wie der Vorschlag ausfällt – und dann entscheiden wir.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Andreas Schwab

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