Frage an Andreas Schwab von Jan S.
Sehr geehrter Herr Schwab,
wie stehen Sie dazu, dass die EU die ausgesprochen effektive [1] Operation Mare Nostrum eingestellt (oder zumindest nicht unterstützt) hat und infolge dessen auch in diesem Jahr wieder zahllose Menschen gestorben sind, die durch Mare Nostrum wahrscheinlich gerettet worden wären? Sind die Grenzsicherung durch Triton und Frontex und die wirtschaftlichen Bedenken, die damit einhergehen, in Ihren Augen mehr wert als die Leben dieser ertrunkenen Menschen? Plant die EU eine neue Operation zur Seenotrettung oder wird weiter auf eine allem Anschein nach ineffektive [2] und damit schlichtweg verantwortungslose und menschenverachtende Methode gesetzt? Warum?
Ist alternativ vielleicht geplant, sicherere Reisewege für Geflüchtete zu öffnen?
Von allgemeinen Diskussionen abgesehen interessiert mich auch Ihre persönliche Meinung sowie die der CDU.
Vielen Dank.
J. S.
[1] http://www.sos-europe-amnesty.eu/triton-is-no-substitute-for-life-saving-mare-nostrum-news/
[2] https://www.amnesty.org/en/articles/news/2015/04/mediterranean-crisis-50-fold-increase-in-deats-amid-european-inaction/
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 20. April, in dem Sie sich unter anderem auf die jüngsten Flüchtlingskatastrophen und die europäische Flüchtlingspolitik beziehen.
Die traurigen Meldungen zu den Flüchtlingskatastrophen der letzten Woche haben auch mich persönlich sehr erschüttert. Europa muss mehr tun, um die humanitären Katastrophen im Mittelmeer künftig zu verhindern. Die schnelle Reaktion der Europäischen Kommission und der von ihr vorgelegte Zehn-Punkte-Plan sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein zentrales Anliegen ist dabei, durch weitere finanzielle Mittel für das Projekt Triton, die europäische Seenotrettung auszubauen und effektiver zu gestalten. Darüber hinaus müssen neue Wege der Flüchtlingspolitik, insbesondere zur verbesserten Aufteilung der Flüchtlinge in Europa, durch Pilotprojekte getestet werden. Dabei müssen die verschiedenen Behörden besser zusammenarbeiten.
Die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verbesserung der Seenotrettung, stellen einen ersten Ansatz dar. Jedoch dürfen diese Maßnahmen nicht gleichzeitig eine Bestärkung der Schleuserbanden darstellen. Zur Bewältigung der Flüchtlingsprobleme muss die Schleuserkriminalität bekämpft werden. Vor allem aber müssen die eigentlichen Ursachen, die zu den Flüchtlingsströmen führen, gemeinsam mit den Regierungen vor Ort diskutiert und angegangen werden.
Neue Vereinbarungen zur legalen Einwanderung werden das Problem alleine nicht lösen können. Ich bin davon überzeugt, dass wir einen ganzheitlichen Lösungsansatz brauchen. Darum sollten wir außerdem darüber diskutieren, mit Hilfe der UNO und des Roten Kreuzes Auffanglager in Nordafrika einzurichten. Diese könnten die verschiedenen Asylgründe bereits vor Ort feststellen, gegebenenfalls über andere Wege legaler Einwanderung informieren und die gefährliche Überfahrt nach Europa mit kriminellen Schlepperbanden verhindern.
Ich hoffe, sehr geehrter Herr S., Ihnen mit diesen Informationen behilflich gewesen zu sein und stehe für Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Schwab