Frage an Andreas Schwab von Daniel B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,
bezüglich des ACTA Abkommens interessiert mich Ihre Einschätzung zu folgenden Fragen:
1.Das Abkommen zielt darauf ab einen gemeinsamen Standard gegen Markenpiraterie zu setzen.
Auffällig an den bisherigen Unterzeichnerstaaten ist, dass vor allem aus diesen Ländern ein Großteil der Rechteinhaber stammt, und diese weniger auffällig für Piraterieprodukte sind. Wie glauben Sie, dass Länder wie Thailand oder China mit ins Boot geholt werden können?
2. Wie genau setzt sich der ACTA Ausschuss (Kapitel 5) zusammen?
3. Zu Kapitel 5, Art. 36, 3c: Wofür sollte es Leitlinien für vorbildliche Verfahren geben, und wie darf man sich diese vorstellen?
4. Wie beurteilen Sie die Entschuldigung der slowakischen Botschafterin an Ihre Kinder, ACTA unterzeichnet zu haben?
Ich bedanke mich im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Daniel Braun
Sehr geehrter Herr Braun,
haben Sie zunächst vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 08.02.2012.
Im Hinblick auf meine grundsätzlichen Positionen zum ACTA-Abkommen möchte ich zunächst auf meine beiden umfänglichen Antworten vom 07.02.2012 verweisen.
Zu Ihrer 1. weiterführenden Frage:
Die Vertragsstaaten weisen zunächst naturgemäß ganz unterschiedlich gelagerte Interessenschwerpunkte auf. In der Tat gehören Staaten wie etwa die Volksrepublik China bislang noch nicht zum Unterzeichnerkreis. Unsere gemeinsame Aufgabe muss in diesem Zusammenhang aber gerade darin bestehen, möglichst viele weitere Staaten für das ACTA-Abkommen zu gewinnen, um unsere Standards weltweit möglichst schnell zu einem einheitlichen und allgemein anerkannten Maßstab zu machen. Auf diesem Weg haben wir aber sicher noch viel Überzeugungsarbeit vor uns.
Zu Ihrer 2. Frage:
Der ACTA-Ausschuss setzt sich gemäß Kapitel V, Art. 36, Abs. 1 des Abkommens aus den von den Unterzeichnern entsandten Vertretern zusammen.
Vgl. unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/11/st12/st12196.de11.pdf
Dabei fällt es in die Zuständigkeit der Bundesregierung bzw. des Auswärtigen Amtes, im Falle der Besetzung solcher völkerrechtlichen Gremien die konkreten Personen als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zu benennen.
Zu Ihrer 3. Frage:
Art. 36 Abs. 3 c des Abkommens regelt mögliche Verfahrensleitlinien im Zuge der Umsetzung von ACTA in den Unterzeichnerstaaten. Dabei handelt es sich aber bislang um eine Regelung ohne jeden erkennbaren qualitativen Gehalt.
1. Der materielle und formelle Gehalt des ACTA-Abkommens führt angesichts unseres international vergleichsweise sehr hohen Schutzstandards in Deutschland zu keinerlei Umsetzungs-, Anpassungs- oder Verschärfungszwang. Weder auf materiellrechtlicher Seite noch auf Ebene der Verfahrensvorschriften - insofern dürfte von dieser Regelung auf der Grundlage des gegenwärtigen Vertragstextes keinerlei qualitative Veränderung aus deutscher Sicht zu erwarten sein.
2. Sollte das ACTA-Abkommen eines Tages bezüglich des materiellen oder formellen Rechts wieder verändert werden - der ACTA-Ausschuss selbst kann dies lediglich gemäß Art. 42 Abs. 1 des Abkommens vorschlagen - dann müssten alle Unterzeichnerstaaten, wie bei allen völkerrechtlichen Verträgen, erneut unterzeichnen. Insofern haben wir es nicht zuletzt aus deutscher Sicht selbst in der Hand, falls notwendig die Rechtsgrundlage für mögliche Befugnisse des Ausschusses gemäß Art. 36 Abs. 3 c des Abkommens näher auszugestalten.
Zu Ihrer 4. Frage:
Mögliche Äußerungen der slowakischen Botschafterin bedürfen meiner Ansicht in diesem Zusammenhang keiner weiteren Kommentierung. Ich darf Ihnen aber in dieser Sache raten, sich ggf. an die zitierte Botschafterin direkt zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Schwab