Frage an Andreas Scheuer von Bernd K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Scheuer!
Herr Mehdorn hat seinen "Rücktritt" und den seines ebenso belasteten DB-Vorstands gestern erneut öffentlich abgelehnt. Angesichts der alten und vor allem der neuesten Erkenntnisse über die von der Bahn seit Jahren praktizierten Stasi-Methoden halte ich ich es für abwegig, Herrn Mehdorn über den Tag seiner Freistellung(!) laut oder leise öffentlich nachdenken zu lassen .
Ich möchte von Ihnen gern genauer wissen, warum und mit welchen Argumenten Sie sich heute dafür ausgesprochen haben, den amtierenden Vorstand der DB derzeit nicht abzulösen - Ihre Stellungnahme im ZDF war mir zu kurz und zu verworren. Außerdem wüsste ich gern, wie Sie sich in Zukunft eine effektivere Kontrolle des Bahnvorstandes durch den Fachminister und das Parlament vorstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Koch
Sehr geehrter Herr Koch,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich denke, es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Herr Mehdorn kein Sympathieträger ist. Dies gilt für viele Fahrgäste, Angestellte, Gewerkschafter und Vertreter aus der Politik. Sympathie ist allerdings kein alleiniges Kriterium für die Leitung eines Wirtschaftsunternehmens. Entscheidend sind die Unternehmensführung sowie Entscheidungs- und Durchsetzungskraft. Als Bahnchef hatte sich Herr Mehdorn an seinen Unternehmenserfolgen und Plänen für die in der Diskussion stehende Bahnprivatisierung auch politisch messen lassen. Aus der Beamtenbahn wurde unter seiner Leitung ein profitables Unternehmen.
Herr Mehdorn hat am Montag anlässlich der Vorstellung des Bilanzberichts die persönlichen Konsequenzen aus der Datenaffäre bei der Bahn gezogen. Dieser Schritt verdient auch angesichts seiner Erfolge Respekt.
Es ist politisch gewollt, dass das Unternehmen Bahn von der Politik unabhängiger ist, damit es autonom und schlagfertig agieren kann. Als Eigentümer ist der Bund im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft vertreten. Die Mitwirkungs- und Kontrollrechte bestimmen sich wie bei anderen Aktiengesellschaften auch allein nach dem geltenden Aktienrecht.
Als Mitglied des Verkehrsausschusses darf ich Ihnen aber versichern, dass sich Herr Mehdorn wiederholt intensiven und kritischen Befragungen durch die Mitglieder des Verkehrsausschusses stellen musste. Dies gilt auch für die Vorwürfe der Überwachung von Bahnmitarbeitern. Hier besteht weiterhin noch Klärungsbedarf. Erfolg entschuldigt keine Fehler. Deshalb müssen alle Fehler der Datenaffäre bei der Bahn auf den Tisch. Man kann das das eine nicht gegen das andere aufrechnen. Das Unternehmen Bahn hat nicht nur einen großen Imageschaden erlitten. Im Unternehmen Bahn ist auch das Betriebsklima nachhaltig beschädigt worden. Dennoch besteht in unserem Land auch für diesen Fall die Unschuldsvermutung, solange die Vorwürfe nicht bewiesen sind. Diese gilt auch für Herrn Mehdorn. Im Mittelpunkt des politischen Handelns muss deshalb sachliches Walten stehen. Der Neubeginn bei der Bahnführung lässt aber die Chancen für eine baldige Aufklärung steigen.
Ich hoffe, Ihnen mit den Informationen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Scheuer, MdB