Frage an Andreas Scheuer von Dieter L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Scheuer!
Bitte sagen Sie mir, wie Sie zu den permanenten Rechtsbrüchen in der Eurofrage stehen. Im Maastricht-Vertrag steht klipp und klar, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften darf. Dies wurde durch den EFSF und den ESM ausgehebelt. Nun steuern wir auf die Bankenunion zu – ein weiterer Meilenstein zur Aufgabe der Souveränität.
Werden Sie als Mitglied des 18. Deutschen Bundestages weiteren Banken- und Staatenrettungen zustimmen und dadurch mithelfen, dafür Steuergelder der Deutschen Bürger auszugeben?
Sehr geehrter Herr Lutz,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 14. August 2013 diesen Jahres. Darin beziehen Sie sich auf die europäische Finanzpolitik und bemängeln in diesem Zusammenhang die Verletzung von Vorgaben des Maastricht-Vertrages durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
Deutschland hat gegenüber hilfesuchenden Ländern in der Eurozone seine Solidarität unter Beweis gestellt. Die Gewährung von Finanzhilfen über die europäischen Fonds wurden dabei immer an die Bedingung geknüpft, dass die betroffenen Staaten grundlegende Strukturreformen auf den Weg bringen und ihre Haushalte nachhaltig konsolidieren. Eine Fortführung der übermäßigen Verschuldung ist inakzeptabel. Die Staaten sind inzwischen auf einem guten Weg. Die Neuverschuldungsquoten in den Krisenländern gehen zurück. Dafür legen die Ausfuhren zu, und die Leistungsbilanzdefizite werden abgebaut. Die Strukturreformen greifen. Die Bereitschaft ausländischer Unternehmen, sich in Südeuropa zu engagieren, wächst wieder. Über die Fonds EFSF bzw. ESM wurden zusammen mit den europäischen Partnern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Finanzhilfen in Form von rückzahlungspflichtigen Krediten gewährt, um die Zahlungsunfähigkeit einzelner Staaten abzuwenden und das Auseinanderbrechen der Währungsunion zu verhindern. Gleichzeitig wurde durch strikte Auflagen zur Haushaltskonsolidierung und zur Durchführung von Strukturreformen in den Ländern dafür gesorgt, dass diese wieder auf den Pfad steigender Wettbewerbsfähigkeit zurückkehren können.
Dass das nicht von heute auf morgen geht, steht ebenso außer Frage wie die Tatsache, dass der Weg dorthin für die Menschen in Europa – besonders in den Krisenländern, aber auch anderswo – Entbehrungen bereithält. Alle arbeiten daran, die untragbar hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa abzubauen. Deutschland begleitet den schweren Anpassungsprozess in den betroffenen Ländern mit einer Reihe von Wachstumsinitiativen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass sich die positiven Anzeichen für eine wirtschaftliche Stabilisierung in den Krisenländern mehren.
Zum Thema Bankenunion lässt sich Folgendes sagen. Auf europäischer Ebene arbeiten wir im Rahmen des Aufbaus einer europäischen Bankenunion mit Hochdruck an europaweit gültigen Vorgaben zur Restrukturierung und Abwicklung von Banken. Ähnlich wie im deutschen Restrukturierungsgesetz wird eine eindeutige „Haftungskaskade“ gelten, die den Steuerzahler erst an letzter Stelle vorsieht. Mit der jüngsten Einigung im Rat der Finanz- und Wirtschaftsminister der Europäischen Union (ECOFIN) auf die allgemeine Ausrichtung der Richtlinie zur Abwicklung und Sanierung von Finanzinstituten (BRRD) wurde dafür die entscheidende Hürde genommen.
Voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2014 wird die neue gemeinsame Bankenaufsicht bei der EZB die größten Banken der Eurozone direkt überwachen. Dies ist ein zentrales Element der europäischen Bankenunion.
Sie ist also eben kein Ausgangspunkt auf dem Weg zu immer weniger Solidarität, sondern genau das Gegenteil.
In diesem Sinne übersende ich Ihnen meine besten Wünsche nach Büchlberg und verbleibe
mit freundlichen Grüßen.
Dr. Andreas Scheuer, MdB
Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung