Frage an Andreas Ronig von Markus S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Hallo Herr Ronig,
wie stehen Sie zu dem derzeit viel diskutierten möglichen Umbau der Ruhrschule und Hauptschule Alstaden zur Primus-Schule?
Die Ruhrschule ist die einzige Bekenntnisschule in Alstaden, für viele gläubige Eltern (zu denen ich nicht gehöre) ist das ein Argument, diese Schule zu wählen. Wie wollen Sie diesen Eltern erklären, dass sie, wenn sie für ihr Kind eine Bekenntnisschule wählen wollen, entweder ihr Kind in einen anderen Stadtteil schicken oder aber an einem Modellversuch mit (meiner Ansicht nach) zweifelhaften Erfolgsaussichten teilnehmen müssen?
Vielen Dank!
Markus Schwarz
Hallo Herr Schwarz,
meine ältere Tochter wechselt (hoffentlich) zum nächsten Schuljahr auf eine weiterführende Schule und meine jüngere Tochter wird in zwei Jahren eingeschult. Somit musste ich mich dieser Frage (und dem städtischen Fragebogen) bereits stellen. Und sie hinterlässt mich zwiespältig.
Ich halte vieles am Konzept der Primus-Schule für gut und sinnvoll. Die Auflösung starrer Lehr- und Stundenpläne, sowie der Verzicht auf ständige Leistungsbewertung durch Noten werden den individuellen Schülerbedürfnissen und -fähigkeiten besser gerecht als die Herkömmliche Schulpraxis. Auch das durchgängig gemeinsame Lernen und der Verzicht auf die räumliche Trennung von Primar- und Sekundarstufe hat nach meinem Dafürhalten sowohl aus pädagogischer, als auch aus praktischer Sicht deutliche Vorteile. Als gläubiger Christ (zu denen ich gehöre) sehe ich den Wegfall der Bekenntnisschule trotzdem nicht problematisch. Ich habe sowohl eine Bekenntnisgrundschule besucht und bin später auf einer weiterführenden Schule in kirchlicher Trägerschaft sogar zum Teil von Ordensleuten unterrichtet worden. Die konfessionelle Ausrichtung der Schulen hat zu meinem Glauben nicht wesentlich beigetragen. Zum Teil war sogar eher das Gegenteil der Fall. Eine wirkliche persönliche Bindung zum Glauben bildet sich meiner Meinung nach nicht durch institutionelle Erziehung sondern durch das persönliche Zeugnis und Vorbild einzelner Menschen. Konfessionsschulen wird zudem oft vorgeworfen, unter dem Vorwand der Religionszugehörigkeit als Mittel zur sozialen Ausgrenzung missbraucht zu werden. Durch die Anmeldung an einer Konfessionsschule erhoffen sich manche Eltern ein sozial bessergestelltes Umfeld ohne Migranten. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass diese Vorwürfe nicht unbegründet sind. Für diese Denkweise habe ich wenig Verständnis. Auf die Problematik der arbeitsrechtlichen Ungleichbehandlung kirchlicher Angestellter möchte ich in diesem Zusammenhang nur am Rande hinweisen.
Trotz alldem habe ich in dem Fragebogen „Nein“ angekreuzt und stehe dem Vorhaben der Stadt eher kritisch gegenüber.
Ein isolierter Schulversuch an vereinzelten Schulen birgt für die dort unterrichteten Schüler das Risiko einen Abschluss „zweiter Klasse“ zu erwerben. Das neue Konzept erfordert entsprechend qualifizierte Lehrer. Weder die Um- und Weiterqualifizierung des gesamten vorhandenen Lehrpersonals „im Hauruck-Verfahren“ noch den vollständigen Austausch der Lehrer halte ich für realistisch oder wünschenswert. Zudem sollten die Schülerzahlen in den Klassen deutlich niedriger angesetzt werden um den Förderansprüchen des Konzeptes tatsächlich gerecht zu werden.
Gut gemeint ist außerdem nicht gleich gut gemacht! Gute Bildung ist nicht billig und insbesondere die Umstellungsphase erfordert in jeder Hinsicht besondere Anstrengung. Sowohl die finanzielle Lage, als auch die Erfahrung der halbherzigen und desaströsen schulpolitischen Leistungen Oberhausens in den letzten Jahren lässt mich massiv am Erfolg des Schulversuches zweifeln.
Mit diesen Zweifeln stehe ich offensichtlich auch nicht alleine, wie der mehr als zögerliche Rücklauf der Umfrage sowie die trotz der Unverbindlichkeit extrem geringe Zustimmung bei den Eltern belegt.
Meiner Meinung nach lässt sich die Primus-Schule nur umsetzen
- Unter langfristiger Einbeziehung der Eltern auf breiter Basis
- Nach gründlicher Vorbereitung des Lehrpersonals auf die neuen Anforderungen
- Mit einer ausreichenden, verlässlichen Finanzierung durch das Land
Da dies zurzeit nicht gegeben ist, lehne ich den Modellversuch in Oberhausen zu diesem Zeitpunkt ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Ronig