Frage an Andreas Lichert von Elisabeth M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Am 11. Juni 2017 schrieben Sie auf Twitter: "Autor Sieferle kann man nicht mehr mit seinen Büchern verbrennen, aber vielleicht reicht es noch für den Juror!?". Sie bezogen sich damit auf ein rechtsextremes Sachbuch mit Texten aus dem Nachlass des verstorbenen Historikers Rolf Peter Sieferle.
Ungeachtet des Inhalts des Buches, inwiefern stellt die Ihre Forderung nach der Verbrennung von Büchern und Menschen eine Abgrenzung zum Rechtsextremismus dar? Welche Verantwortung tragen Ihrer Meinung nach öffentliche Personen bei der Eindämmung extremistischer Ideen, insbesondere was die Wahl ihrer Worte angeht?
Sehr geehrte Frau M.,
Gegenstand meines Posts war die peinliche Groteske um Sieferles Buch, die Manipulation der Bestsellerlisten und die "Verfolgung" des Jurors. Als Form wählte ich die ironische Zuspitzung.
Die Stigmatisierung des Buches als rechtsextrem entspricht heutzutage einer Bücherverbrennung. Prüfen Sie das an sich selbst: Haben Sie das Buch gelesen und sind Sie anschließend zum Urteil "rechtsextremes Sachbuch" gelangt? Oder war es nicht viel mehr so, dass Sie dieses Fremdurteil praktisch ungeprüft übernahmen? Und nach diesem (Wert-)Urteil aus zweiter Hand: Wer kauft dann noch ein rechtsextremes Buch?
Vor einer Abgrenzung zum Rechtsextremismus bzw. jeder Form von Extremismus steht zunächst einmal die Erkennung von Extremismen. Leider sind heutzutage die Maßstäbe dafür verlorengegangen. Weil sich der Vorwurf des Rechtsextremismus zur Diffamierung politischer Gegner so wunderbar eignet, wird er inflationär gebraucht und damit - wie bei jeder Inflation - entwertet. Die CDU beispielsweise kritisiert heute politische Forderungen als rechtsextrem, die sie vor 10 Jahren noch selbst erhob!?
Es gibt durchaus seriöse Kriterien für Rechtsextremismus. Ich empfehle die Bundeszentrale für politische Bildung, die rechter Umtriebe eindeutig unverdächtig ist:
http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41312/was-ist-rechtsextrem?p=all
Nach der Lektüre werden Sie feststellen:
1. Sieferles Buch ist nicht rechtsextrem.
2. Die AfD und ihr Programm ist nicht rechtsextrem.
3. Selbst diejenigen innerhalb der AfD, die von einigen als Rechtsextremisten bezeichnet werden, z.B. Björn Höcke, sind nicht rechtsextrem.
Wenn man unter Beachtung seriöser Kriterien keine Nähe der AfD zu Rechtsextremisten annehmen kann, relativiert sich auch die Notwendigkeit zu einer besonderen Abgrenzung.
Dennoch hat sich die AfD ein Immunsystem zugelegt, dass jedwede Unterwanderung von Rechtsextremisten ausschließt. Dabei sind vor allem die Aufnahmegespräche zu nennen, die VOR Erteilung der Mitgliedschaft vorhergehende (partei-)politische Tätigkeit ermitteln sollen. Werden dort falsche Angaben gemacht, erfolgt der Ausschluss, bei einschlägiger vorhergehender Tätigkeit wird gar nicht erst aufgenommen. Weiterhin existiert eine "Unvereinbarkeitsliste", die alle Organisationen enthält, die einem der Verfassungsschutzberichte erwähnt werden. Es sei dazu angemerkt, dass mittlerweile viele Organisationen jahrelang unrechtmäßigerweise vom Verfassungsschutz beobachtet und in die Berichterstattung aufgenommen wurden!
Die besondere Verantwortung "öffentlicher Personen" zeigt sich nicht in der Vermeidung pointierter Formulierungen, sondern einem in der Sache glasklaren Bekenntnis zum anti-totalitären Konsens, also der Ablehnung jeglicher Extremisten, ganz egal hinter welcher Ideologie sie sich verschanzen.
Abgrenzungsbedarf von gewaltbereiten Extremisten sehe ich sehr viel mehr auf der linken Seite des politischen Spektrums. Wenn die Krawalle von Hamburg irgendetwas Gutes haben, dann hoffentlich, dass die Öffentlichkeit für Gewalt von links ebenso sensibel wird für Gewalt von rechts.