Frage an Andreas Lichert von Manuel N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lichert
wie stehen Sie dazu, Gesetzgebungsverfahren im Hinblick auf den Einfluss von Lobbyinteressen transparenter zu gestalten:
Beispielsweise die Offenlegung, wenn einzelne Unternehmen oder Interessengruppen Einfluss auf konkrete Gesetze genommen haben. Dies ist ja nicht unbedingt verwerflich, sondern sollte öffentlich dokumentiert werden.
Möchten Sie die Gesetze zur Parteienfinanzierung so gestalten, dass die Mittelflüsse offen gelegt werden?
Beste Grüße
M. N.
Im Volksmund heißt es: "Wes Brot ich es', des Lied ich sing." Also ist es absolut geboten, für Transparenz bei den Geldflüssen an Parteien zu sorgen. Ich halte allerdings die gesetzlichen Regelungen diesbezüglich grundsätzlich für ausreichend, da insbesondere Großspenden streng reguliert sind und veröffentlicht werden müssen. Auf der de facto-Ebene gibt es aber potenzielle Lücken, denn die teils sehr hohen "Nebeneinkünfte" der Parlamentarier sind ein weiteres Einfallstor für Einflussnahme. Allerdings würde die Abschaffung bzw. ein Verbot solcher Nebentätigkeiten oder Unternehmensbeteiligungen das Berufspolitikertum noch mehr zementieren. Ein Quereinsteiger muss auch die Möglichkeit haben, wieder auszusteigen, ohne bei Null anfangen zu müssen. Als Alleingesellschafter meiner GmbH wäre ich genau in einer solchen Zwickmühle.
Viel zu unbeachtet von der Öffentlichkeit ist jedoch das Thema "Politikfinanzierung" im weiteren Sinne, also die Subventionierung politischer Ökosysteme, die mittels parteinaher Stiftungen u.ä. erfolgt. In Summe ist das eine Milliarden-Industrie. Diese staatlichen Gelder dienen de facto ebenfalls den Parteien, um Personal zu beschäftigen, dass noch nicht oder nicht mehr mit Mandaten und Fraktions- oder Parteibeschäftigung alimentiert werden kann. Das führt zum berühmten Karrierepfad heutiger Nachwuchspolitiker "Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal", also zu Volksvertretern, die keine Erfahrung in der Wirtschaft haben und dennoch über unsere Geschicke bestimmen sollen. Kein Wunder...