Frage an Andreas Jung von Sebastian B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Herr Jung !
Als Krankenpfleger habe ich viel mit Patienten im häuslichen Bereich zu tun die auf künstliche Ernährung angewiesen sind. Diese Ernährung (gemeinhin auch bekannt unter dem Synonym Astronautenkost oder Sondennahrung) ist bisher von den Krankenkassen immer übernommen worden. In Kürze soll es eine vom Neufassung über die Regelung der Erstattungsfähigkeit von solchen Sondennahrungen geben. Diese sieht unter anderem vor, das Diabetikersondennahrung, Sondenkost für Herz-Kreislaufinsuffiziens, Ateminsuffiziens und Tumorerkrankungen nicht mehr von den Kassen übernommen werden. Diagnosen wie krankheitsbedingte Mangelernährung“, sind demnach auch nicht mehr Grund genug diesen Menschen ihre Ernährung zukommen zu lassen. Die Auswirkungen für diese Patienten dürfte enorm sein und ich sehe dieser Neuregelung mit großer Sorge entgegen.
Ich bitte sie um Ihre Meinung dazu und hätte gern gewußt ob diese Neuregelung noch zu stoppen ist.
Sehr geehrter Herr Braun,
gerne beantworte ich Ihre Frage zur Erstattungsfähigkeit von Sondennahrungen.
Der Entwurf einer Richtlinie zur Erstattung künstlicher Nahrung gibt durchaus Anlass zu Kritik. Die Verbände der betroffenen Patienten haben darauf hingewiesen, dass sie diese Richtlinie als eine Entscheidung gegen die Interessen chronisch Kranker und Behinderter sehen. Darüber hinaus haben auch einige Sachverständige kritisiert, die Richtlinie enthalte gravierende ernährungsmedizinische Fehler. So werde u.a. die Bedeutung von Sondennahrung für Krebskranke verkannt. Und "völlig unakzeptabel" sei es nach Ansicht der Sachverständigen, dass Kinder mit schweren Entwicklungsstörungen keine Behandlung mehr mit Supplementen und bilanzierten Trinknahrungen erhalten können.
Hier hat die Union mit ihrem Gesetzentwurf zur Sicherung der Arzneimittelversorgung bei Kindern und Jugendlichen (Bt.-Ds. 15/5318) Möglichkeiten zu Verbesserungen aufgezeigt. Leider hat der Bundesausschuss diese Argumente unter Hinweis auf den Gesetzestext nicht berücksichtigt. Die Folge ist insbesondere bei Jugendlichen aus einkommensschwachen Haushalten, dass die notwendige Behandlung eingeschränkt wird oder unterbleibt. Damit besteht die Gefahr, dass die Krankheiten chronisch werden und ein Dauerschaden resultiert. Dies ist nicht nur ein medizinisches Problem für die Betroffenen, es führt auch zu einer erheblichen Kostensteigerung für die Versichertengemeinschaft.
Die genannte Richtlinie zur Erstattung künstlicher Nahrung ist darüber hinaus ein Beitrag zum Auf- und Ausbau von Bürokratie. Auf 40 Seiten soll mit Geboten und Verboten die künstliche Ernährung geregelt werden. Sondennahrung ist nun generell ausgeschlossen und die Möglichkeit der Ärzte, individuell und orientiert am Einzelfall über den Einsatz von Sondennahrung zu entscheiden, wird massiv eingeschränkt. Mangelernährung alleine ist nach der Richtlinie keine Behandlungsindikation. Mit einer 25-seitigen (!) Tabelle schafft der Bundesausschuss eine Positiv- und Negativliste von Indikationen, die wiederum aber nur als Beispiel verstanden werden sollen. Im Ergebnis schafft dies alles für Ärzte viel Verwirrung und stellt eine massive Einschränkung ihrer Handlungsspielräume dar.
Ich schließe mich daher der Kritik der betroffenen Patienten und deren Ärzte an. Diese Richtlinie muss gestoppt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Jung