Frage an Andreas Jung von Jan W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Jung,
der Bundesminister des Inneren, Dr. Hans-Peter Friedrich, macht dieser Tage im Rahmen des PRISM-Skandals Schlagzeilen. So hat der promovierte Jurist am gestrigen Mittwoch, den 16. Juli 2013, Sicherheit zum "Supergrundrecht" ausgerufen.
Ferner hat er allen Bürgerinnen und Bürgern empfohlen, Ihre Daten, sowie ihren persönlichen Datenverkehr via Virenscanner (sic!) und Verschlüsselungstechnik zu schützen.
Teilen Sie als studierter Jurist die Rechtsauffassung, dass die Sicherheit ein "Supergrundrecht" sei?
Verwenden Sie im elektronischen Datenverkehr selbst Verschlüsselungstechniken und können Sie Bürgerinnen und Bürgern im Umgang damit Hilfeleistung geben?
Welche Konsequenzen fordern Sie aus den in den vergangenen Tagen gewonnenen Erkenntnissen?
In der Hoffnung, dass meine Frage als eine der wenigen auf Ihrer Seite nicht unbeantwortet bleibt, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Jan Welsch
Sehr geehrter Herr Welsch,
der Grundrechtsschutz des Grundgesetzes gilt absolut. Das heißt: Der Zweck heiligt nicht die Mittel und die deutschen Gesetze müssen unbedingt eingehalten werden. Das gilt auch im Rahmen der Terrorbekämpfung und es gilt auch für die USA. Ein umfassendes Ausspähen von Mails kann deshalb nicht akzeptiert werden. Das hat auch die Bundeskanzlerin gegenüber den USA deutlich gemacht.
Die Bundesregierung hat den Amerikanern einen umfangreichen Fragenkatalog zugesandt und Präsident Obama hat eine gründliche Prüfung zugesagt. Es muss unbedingt, umfassend und zeitnah, aber auch gründlich und sorgfältig, aufgeklärt werden, in welchem Umfang der US-Geheimdienst in Deutschland Daten überwacht und ausgewertet hat.
Angesichts der Herausforderungen des Terrorismus muss eine Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gefunden werden. Informationelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht. Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger – der Staat ist verpflichtet, seine Bürgerinnen und Bürger u. a. hinsichtlich ihres Lebens und ihrer körperlichen Unversehrtheit zu schützen. Eine ausgewogene Balance zu finden ist die Aufgabe des Gesetzgebers - und nicht der Geheimdienste. Insbesondere seit dem 11. September 2001 haben sich unterschiedliche Bundesregierungen dieser Aufgabe gestellt und sind gesetzgeberisch tätig geworden. Eine Aushöhlung des Rechtsstaates darf es nicht geben.
Innerhalb der EU treibt die Bundesregierung Maßnahmen für mehr Datenschutz voran. Auch bei den Vereinten Nationen bemüht sich Deutschland um internationale Datenschutzstandards. Außerdem kümmert sich die Regierung um technische Fragen - etwa mit einem geplanten Runden Tisch zur Sicherheitstechnik in der IT.
Auch losgelöst von der aktuellen Diskussion um den möglichen Umfang der Ausspähung deutscher Daten durch den US-Geheimdienst stellt sich die Frage, inwieweit unsere Daten im digitalen Zeitalter besser vor Zugriffen geschützt werden können. Aufklärung und bewusster Umgang mit den digitalen Medien sind hier sicherlich Grundvoraussetzung. Bei internationalen Abkommen wird es auch nicht nur darum gehen, hohe Sicherheitsstandards zu etablieren, sondern auch deren Einhaltung besser kontrollieren zu können.
Verschlüsselungsprogramme können zum Schutz der Daten beitragen. Aber ganz ausdrücklich: Gegen mögliche staatliche Maßnahmen gewährt das Grundgesetz Schutz, nicht Verschlüsselungsprogramme. Dieser Schutz muss umfassend gewährt werden.
Sollten Sie hierzu noch weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Jung