Frage an Andreas Hanna-Krahl von Dorothea S. bezüglich Frauen
Sehr geehrter Herr Krahl,
wie bewerten Sie die Verschärfung des Sexualstrafrechts von 2016 und sehen Sie diesbezüglich weiteren Handlungsbedarf?
Was wollen Sie an der Situation für Frauen mit Gewalterfahrungen in Bayern ändern?
Mit freundlichen Grüßen,
D. S.
Sehr geehrte Frau S.,
Frauenrechtsorganisationen und Politiker*innen haben jahrelang für die Verschärfung des Sexualstrafrechts gekämpft. Bis 2016 musste eine Frau sich beweisbar physisch zur Wehr setzen oder aber Lebensgefahr nachweisen, damit eine Gewalttat als Vergewaltigung anerkannt wurde. Was genau eine Vergewaltigung war und was „nur“ eine Nötigung darstellte, bis 2016 (!), ist skandalös.
Nach der Silvesternacht wurde das Sexualstrafrecht nun endlich verschärft und seitdem sollte ein klar geäußertes „Nein“ reichen. Das war überfällig. Gleichzeitig wurde die Gesetzesänderung durch die Übergriffe der Silvesternacht eng verknüpft mit einem zumindest in Teilen rassistischen Vergewaltigungsmythos. Der „fremde Mann“ greift die „einheimische Frau“ an. Dadurch gerät leider in den Hintergrund, dass die meisten Übergriffe und Vergewaltigungen dort passieren, wo Frauen eigentlich sicher sein sollten: zu Hause und im engen Umfeld, auf der Arbeit und überall dort, wo es Machtgefälle zum Schaden der betroffenen Frauen gibt.
So sehr ich also „Nein heißt Nein“ befürworte, so sehr bedaure ich den Anlass des Gesetzes. Kritisch sehe ich auch die gleichzeitige Verschärfung des Asylrechtes, nachdem Täter*innen jetzt bereits abgeschoben werden können, wenn sie zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden, anstatt wie vorher zu drei Jahren. Diese Koinzidenz ist auffällig.
„Nein heißt Nein“ ist in meinen Augen verbesserungswürdig: wirklich konsensual wird es erst bei „Ja heißt Ja“. Leider ist es manchmal einfacher zu schweigen, als klar und deutlich „Nein“ zu sagen. Gerade dann, wenn Opfer sich in einem Machtgefälle befinden. Natürlich ist die Beweisführung in beiden Fällen schwierig. „Ja heißt Ja“ würde aber zu einer Bewusstseinsänderung führen. Hoffentlich schaffen wir damit eine Sensibilität für die vielen Fälle, in denen ein „Ja“ gar nicht möglich ist und ein klares „Nein“ vielleicht gefährlich.
Frauen mit Gewalterfahrungen finden sich in Bayern häufig vor verschlossenen Türen überfüllter Frauenhäuser wieder. Es ist ein Skandal, dass beinahe jede zweite Frau abgewiesen werden muss. Die Finanzierung dieser elementar wichtigen Einrichtungen würden nur einen kleinen Bruchteil des Jahreshaushaltes beanspruchen. Die Fraktion der Grünen kämpft im Landtag seit langem für die ausreichende Finanzierung von Frauenhäusern und Notfalltelefonen. Diesen Kampf würde ich im Mandat voll und ganz unterstützen. Gerade für junge Frauen müssen wir das „Bermudadreieck“ zwischen der Unterstützung nach Jugendhilfe (SozialGB 8) und Erwachsenenunterstützung (SozialGB 12) dringend schließen. Junge Frauen in Notlagen brauchen lückenlose Unterstützung, um nicht in zweifelhaften Abhängigkeiten oder gar in der Prostitution zu landen.
Für weitergehende Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Andreas Krahl