Frage an Andreas Hanna-Krahl von Sabine B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Krahl,
es gibt viele Geflüchtete, die sich nach Jahren immer noch im Verfahren befinden. Sehr viele von ihnen dürfen nicht arbeiten, keine Ausbildung machen, keine Praktika, oder es wird ihnen die Arbeitserlaubnis entzogen. Das Wort "Spurwechsel" ist in vieler Munde. Wie stehen Sie zu so einem sog. "Spurwechsel"?
MfG
Sehr geehrte Frau B.,
Zunächst einmal ist es wichtig und richtig, jeden Asylantrag gewissenhaft zu prüfen. Eine gewissenhafte Prüfung der Anträge darf die Menschen aber nicht über Monate oder sogar Jahre von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließen. Niemand erträgt die Ungewissheit über sein Schicksal und das seiner Familie unbeschadet. Schutzbedürftigkeit darf niemals wirtschaftlihen Interessen unterliegen.
Geflüchtete, die hier bei uns eine Ausbildung machen oder einer bezahlten Arbeit nachgehen, brauchen Planungssicherheit und Perspektiven. Ebenso wie ihre Arbeitgeber*innen und die ausbildenden Betriebe. Ein „Spurwechsel“ setzt voraus, dass wir verbindliche Regeln schaffen. Ein von den Grünen lange gefordertes Einwanderungsgesetz ist unabdingbar. Der „Spurwechsel“ ermöglicht es Geflüchteten, die eine Ausbildung machen oder bereits einen vorher erlernten Beruf ausüben, im Falle der Ablehnung ihres Asylantrags, eine Bleibeperspektive über das Einwanderungsrecht zu bekommen.
Menschen aus den Klassenzimmern oder aus der Arbeit heraus auszuweisen, ist nicht nur unmenschlich, sondern auch unsinnig. Menschen, die einen Beruf erlernen wollen, der händeringend gesucht wird, sollten die Chance des Spurwechsels unbedingt bekommen. Dabei rede ich nicht nur von Pflegeberufen, sondern auch von vielen Gewerken, die sich, z.T. auch regional begrenzt, schwer tun, Nachwuchs zu gewinnen. Unser demographisches Problem lässt meiner Ansicht nach keinen weiteren Schluss zu, als Menschen die vielfältige Möglichkeit zu geben, Teil unserer Gesellschaft zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Krahl