Andreas Brändle
DIE LINKE
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Frage von Thorben R. •

Frage an Andreas Brändle von Thorben R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Brändle,

ich kenne Sie leider gar nicht. Sorry. Sind Sie von der PDS oder WASG oder die Linken oder wie ist das denn nun eigentlich?

Ich mische die Themen ein wenig und versuche mich auf das wichtigste zu beschränken:

1. Glauben Sie wirklich, daß Politiker Arbeitsplätze schaffen können? Seit Jahren werden Steuern gesenkt und der Kündigungsschutz gelockert und trotzdem haben wir jedes Jahr mehr Arbeitlose? Und wenn Sie glauben, daß Sie da was tun können, frage ich Sie: Was?

2. Wird es mit den Grünen endlich eine "echte Steuerreform" und/oder eine "echte Reform der Sozialversicherungssystem" geben oder planen Sie weiterhin Stückwerke wie bisher? Wie wollen Sie Ihren Koalitionspartner dazu bewegen Ihnen zuzuhören?

3. Was wollen Sie machen um das "Kinderkriegen" wieder zu fördern bzw. zu erleichtern und wie wollen Sie das finanzieren?

4. und letztens... Ich hasse Wahlkampf. All diese nervigen Plakate und sinnlosen Phrasen ohne Sinn und Verstand - das kostet sehr viel Geld. Meinen Sie nicht auch, daß Politiker auch Ohne Wahlkampf bei den Bürgern bekannt sein müßten und das man mit dem Geld viel besseres anfangen kann?

Ich freue mich auf Ihre Antworten.
MfG
Thorben Rump

Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Rump,

ich bin Mitglied sowohl der WASG, als auch der Linkspartei. Ich halte das Projekt Linkspartei für ein historisches und ein hoffnungsvolles.

Zu 1. Wenn es nach der Bundesregierung ginge, müssten wir heute noch etwa 2,5 Millionen Arbeitslose haben, so wurde zumindest "Harz" durchgesetzt. Tatsächlich, sind es, wie wir alle wissen mehr als 5 Millionen Arbeitslose und eine Besserung ist nicht in Sicht. "Harz" war der vorläufige Höhepunkt einer verfehlten Wirtschafts und Steuerpolitik. Bei der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden. Nicht die Arbeitslosigkeit wurde bekämpft, sondern die Arbeitslosen. Dieser Druck auf dem Arbeitsmerkt durch ein ecklatantes Missverhältnis von Arbeitslosen und offenen Stellen wirkte sich und wirkt sich verstärkt auf die Situation in den Betrieben aus. Angriffe auf Lohnzusatzleistungen, wie Urlaubs und Weihenachtsgeld sind alltäglich. Ebenso sind die Angriffe auf die Mitbestimmung und das Betriebsverfassungsgesetz von Seiten der Unternehmerverbände und ihrer Helfeshelfer in CDU und FDP bekannt. Die Unternehmer fühlen sich auf grund der beschriebenen Situation besonders stark und meinen sie auch nach allen Regeln der Kunst ausnutzen zu müssen. Dies hat sich in der Geschichte der Arbeiterbewegung schon des öfteren gezeigt. Deshalb muss meiner Überzeugung nach an erster Stelle die Arbeitsmarktsituation verändert werden. Dies geht nur mit der Ankurbelung, des Binnenmarktes. Genau dies wurde in den letzten Jahren versäumt und ausschliesslich auf den Export gesetzt. ZUsätzlich hat die eindeutige Bevorzugung von den etwas Betuchteren Teilen unserer Bevölkerung, bei einem gleichzeitigen Kaufkraftendzug von ca. einem Drittel der Bevölkerung, hauptsächlich Arbeitnehmer, Arbeitslose oder auch Kleine Selbständige und Handwerker zuerst zu einer Stagnation dann aber auch zu einem Rückgang der Binnennachfrage geführt. Dies hatte und hat verheerende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

Zu 2. Ich kann nicht für die Grünen sprechen. Meiner Meinung nach muss eine Reform unabdingbar zwei Komponenten enthalten. Ich möchte das Ihnen am Beispiel der Krankenversicherung erläutern. Zu einen muss der betroffene Personenkreis um Freiberufler und Selbstständige erweitert werden. Zum anderen die sogenannte Reform der SPD, wodurch der Zahnersatz ab Juli 2005 nur noch von den Arbeitnehmer alleine bezahlt wird, muss zurückgenommen werden. Mit anderen Worten. Es gilt an 50%-Arbeitnehmer-und-50%- Arbeitgeberfinanzierung festzuhalten.

zu 3. Solange Kinder in unserer Gesellschaft ein Armutsrisiko sind, solange Millionen Kinder in Armut Leben, werden sich viele potenzielle Mütter und Väter genau überlegen, bevor sie sich für eigene Kinder entscheiden. Es ist ein gesellschaftlicher Skandal ersten Ranges, dass bei uns millionen Kinder in Armut leben, mit steigender Tendenz. Hier sei auch auf die Pisa-Studie verwiesen. In keinem anderen Land ist der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildendungsabschluss so gross, wie bei uns. Das heisst, wenn Kinder aus einfachen Verhältnissen kommen, ist die Wahrscheinlichkeit eines niedrigen Bildungsabschlusses sehr hoch und umgekehrt. Also Herr Rump, es gibt hier mehrere Stellschrauben, wodurch sich eine bessere demographische Entwichlung erzielen liesse. Der Akt für sich reicht da nicht aus. Es bedarf insbesondere auch günstige gesellschaftliche Rahmenbedingen, wie Kindergrippenplätze für die Kleinsten, bis hin zu Ganztagsschulen, die auch ihren Namen verdienen. Ebenso ausreichend qualifizierte Ausbildungsplätze. Ganz zu schweigen von einer Perspektive danach.

Zu 4. Ich kann Sie beruhigen Rump. Wir haben wenig Geld und führen unseren Wahlkampf mit einfachsten Mitteln.

Mit freundlichen Grüssen

Andreas Braendle