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Frage von Andreas L. •

Frage an Andrea Wicklein von Andreas L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Wicklein,

ich habe eine Frage zu dem Gesetzesentwurf zu Kinderporno-Sperren.

Es ist geplant, dass das Bundeskriminalamt den Providern eine Liste zu sperrender Domains zukommen lässt. Diese Liste ist geheim und wird nicht richterlich geprüft. Fehler in der Liste sind möglich aber nicht nachweisbar. Da bereits das versehentliche Aufrufen der Adressen zu einem Stoppschild umleiten kann und daraus eine Ermittlung mitsamt Hausdurchsuchung und erwachsen kann, möchte ich Sie fragen, wie Sie dieses Verfahren vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung beurteilen.

Es ist z.B. leicht jemandem anonym einen Link per E-Mail unterzuschieben, der auf eine gesperrte Seite verweist. Die Schäden für soziales Ansehen bei dem bloßen Verdacht sich mit diesen widerwärtigen Verbrechen strafbar gemacht zu haben, halte ich für so gravierend, dass eine richterliche Kontrolle wünschenswert wäre. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Was hindert das Bundeskriminalamt daran unliebsame aber nicht strafbare Seiten in die Liste einzufügen? Da es keine außerbehördliche Kontrolle der Liste gibt, können so beliebige Inhalte unterdrückt werden, ohne dass der Eigentümer der Zieladresse gerichtlich dagegen vorgehen kann. Wie ist Ihre Meinung zu dieser Einschränkung des garantierten Rechtsweges?

Viele der Server, auf denen kinderpornografisches Material verfügbar sind stehen innerhalb der EU und den USA. Die Server zu finden, abzuschalten und die Verbreiter zu ermitteln und zu verurteilen wäre ein Erfolg versprechender Weg, um diese grauenhaften Verbrechen einzudämmen. Sollte nicht vielmehr der Missbrauch und die Verbreitung verfolgt werden, um die Opfer zu schützen?

Die Bundesregierung hat wiederholt die Internetzensur in Ländern wie China kritisiert. Wie wird Ihrer Meinung nach gewährleistet, dass dieses Instrument nicht dafür missbraucht wird, wenn keine rechtsstaatliche Kontrolle möglich ist, weil die Liste geheim ist?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und
mit freundlichen Grüßen

Andreas Levers

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Levers,

vielen Dank für Ihre Frage auf der Internetseite abgeordnetenwatch.de vom 25.04.2009, in dem Sie sich kritisch mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen auseinandersetzen.

Sexuell orientierte Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen.

Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.

Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt uns aber entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass es zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses geben wird. Sie haben Recht, der Gesetzentwurf wirft zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die wir in einem transparenten parlamentarischen Verfahren erörtern müssen. Damit können wir auch die Ihnen aufgeworfenen Kritikpunkte angemessen einbeziehen und erörtern.

Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir insbesondere prüfen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.

Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt (s. http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,11026,00.pdf ).

Mit freundlichen Grüßen,
Andrea Wicklein