Portrait von Andrea Wicklein
Andrea Wicklein
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Andrea Wicklein zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Stefan M. •

Frage an Andrea Wicklein von Stefan M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Wicklein,
da Sie mir auf meinen letzten Brief nicht geantwortet haben, möchte ich Sie hier bitten, mir folgende Fragen zu beantworten.

1. Werden Sie der Vorlage zustimmen?

2. Was ist an der Privatisierung der Deutschen Bahn sozialdemokratisch (entsprechend des Parteiprogramms und Ihrer eigenen Überzeugungen), wenn man berücksichtigt, dass im Struktursicherungstarifvertrag mit Transnet die Beschränkung auf 24,9% nicht mehr vorkommt, wenn bereits im Kabinettsbeschluss unter Punkt II. 2. im Nebensatz von Aktienmehrheit gesprochen wird, wenn Herr Holzhey von der Beratungsfirma KCW in der gestrigen Anhörung (ich war vor Ort) diesen Beschluss als Einstieg in die Vollprivatisierung sieht, er höchstens 3,5 bis 4 Mrd. Euro an Einnahmen erwartet und sowohl er als auch Weselsky (GdL-Chef) die Beschäftigungssicherung als weiße Salbe sieht, während Prof. Schäfer erhebliche Haftungsrisiken für die Mutterholding ausmacht, auf die die Verkehrs- und Logistiktochter die Risiken verlagern kann? Was ist daran sozialdemokratisch?

Portrait von Andrea Wicklein
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meißner,

ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, dass Sie bisher keine Antwort auf Ihr Schreiben vom 11. Mai erhalten haben. Die Beantwortung von Briefen nimmt aufgrund der Vielzahl der Schreiben aber in der Regel einen Monat in Anspruch. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.

Ich teile Ihr Unverständnis gegenüber den "politisch heiklen Personalien". Das Agieren des Transnet-Vorsitzenden hat auch bei mir und unter meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion Kopfschütteln verursacht.

Nicht teilen kann ich Ihre Auffassung, dass sozial-, klima- und verkehrspolitische Belange bei der Teilprivatisierung auf der Strecke geblieben sind. Zum einen war es uns wichtig, den konzerninternen Arbeitsmarkt der DB AG zu erhalten. Wir haben das im Koalitionsantrag auch noch einmal bekräftigt. Zum anderen ist die Stärkung der DB AG klimapolitisch von großem Belang. Es gibt derzeit kein zweites Unternehmen in Deutschland, das den Verkehr auf der Schiene so organisieren kann wie die DB AG. Verkehrspolitisch war es für meine Zustimmung entscheidend, dass die Infrastruktur -- also Gleise, Bahnhöfe und Energieversorgung -- zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes verbleiben. Das hat die SPD in der Diskussion um die Bahnprivatisierung durchgesetzt. Der Widerstand in der Partei und der Bundestagsfraktion dagegen hat sich gelohnt.

Dass ein Gesetz zur Teilprivatisierung nun nicht mehr notwendig ist, liegt gerade an der Beschränkung, die wir für privates Kapital eingezogen haben. Private Investoren dürfen sich nur zu 24,9 Prozent an der Verkehrs- und Logistiksparte der DB beteiligen. Die Muttergesellschaft und -- wie schon erwähnt -- die Infrastruktur bleiben zu 100 Prozent beim Bund. 24,9 Prozent wurden auch deshalb gewählt, weil damit die privaten Anteilseigner in den Aufsichtsgremien keinen formalen Einfluss auf die Geschäftspolitik erhalten.

Die DB AG muss sich auf den europäischen Wettbewerb vorbereiten. Für die Verbesserung der Infrastruktur brauchen der Bund und die DB AG neues Kapital. Es ist nicht möglich, die derzeitigen Zuschüsse der öffentlichen Hand an die Bahn in den nächsten Jahren zu steigern. Eine komplette Ablehnung einer Teilprivatisierung der DB AG war also nicht möglich.

Ich denke, der jetzt gefundene Weg ist machbar. Die vorgebrachte Kritik, dass dieser Beschluss ein Einstieg in weitere "Privatisierungsrunden" sei, kann ich zwar nachvollziehen. Die Entscheidung würde aber erneut beim Bundestag liegen. Wichtig ist also, wer in Zukunft das Land regiert!

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein