Frage an Andrea Wicklein von Silvio R. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Wicklein,
wie ich erfahren habe, verzögert sich die Inkraftsetzung der Unterhaltsrechtsreform immer wieder. Dies ist ein herber Schlag ins Gesicht von geschiedenen Ehegatten, welche Aufstockungsunterhalt zahlen müssen.
Nach knapp 14 Jahren Ehe wurde meine Ehe 2004 geschieden, das gemeinsame Kind (heute fast 17) lebt bei der Mutter.
Eine Scheidung soll eine Ausnahme sein und muss auch weh tun, so weit so gut. Dazu muss aber der Zugewinnausgleich und der Versorungsausgleich genügen. Nacheheliche Unterhaltszahlungen im 21. Jahrhundert über max. 5 Jahre sind überflüssig.
Momentan bin ich als Zahler von Aufstockungsunterhalt ein deutlich benachteiliger Mann. Ich hatte das "Glück", durch das Engagement meiner Eltern eine sehr gute Ausbildung und damit auch einen guten Job zu erhalten. Heute weiss ich, dass man
damit nicht heiraten darf, denn die Früchte erhält die Ex-Frau, jahrelang.
Meine Ex-Frau hat einen Vollzeitjob, der besser ist als vor der Ehe, aber sie hat eben keine Uni absolviert und verdient dadurch weniger. Der Aufstockungsunterhalt ist hier nicht nötig, aber er fördert per Gesetz Gier, Häme und Rachegefühle.
Auch ich habe "eheliche Nachteile" erlitten, indem ich nicht jeden möglichen Karrieresprung mitgemacht habe, sondern auf Wunsch der Familie in der Heimatstadt geblieben bin. Bei jedem möglichen Elterabend, bei jedem möglichen Arztermin für unser Kind war ich dabei, auch ich kenne einen Kindergarten und eine Kinderkrippe von innen. Dies interessiert die heutige Gesetzgebung (noch?) nicht, sondern sie hat einen hochbürokratischen Apparat geschaffen, der nacheheliche Unterhaltsforderungen für Frauen auf Grund mittelalterlicher Sichtweise unterstützt.
Warum und durch wen wird die Einführung der Unterhaltsreform verzögert?
Muss man "nacheheliche Solidarität" per Gesetz auf so drastische und langwierige Art wie dem Aufstockungsunterhalt erzwingen? Was ist nacheheliche Eigenverantwortung genau?
Danke für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Rummer,
das Bundeskabinett hat am 05. April 2007 die Reform des Unterhaltsrechts beschlossen.
Dieser Beschluss ist ein wichtiger Schritt zu einer modernen Familienpolitik, zum Wohle der von einer Scheidung betroffenen Kinder. Kinder sind bei einer Trennung ihrer Eltern besonders schutzbedürftig, deshalb wird mit der Reform des Unterhaltsrechts ihr Wohl an erster Stelle gestellt. Sie erhalten den ersten Rang unter den Unterhaltsgläubigern.
Im zweiten Rang stehen künftig alle Väter und Mütter, die Kinder betreuen – und zwar unabhängig davon, ob das Paar verheiratet war oder nicht. Erst im dritten Rang steht der eigene Unterhaltsanspruch der früheren Ehepartner.
Darüber hinaus wird, wie von Ihnen gefordert, die nacheheliche Eigenverantwortung gestärkt. Mit der Reform des Unterhaltsrechtes werden den Gerichten zukünftig mehr Möglichkeiten gegeben, Unterhaltsansprüche für geschiedene Ehegatten zu befristen und zu begrenzen. Kinderlos geschiedene Ehen oder geschiedene Ehen bei bereits erwachsenen Kindern sollen nicht per se zu jahrelangen Unterhaltsansprüchen der Ehepartner gegeneinander führen. Angesichts der hohen Scheidungsquote – insbesondere von kurzen Ehen – müssen Geschiedene eine zweite Chance haben, eine Familie zu gründen und damit auch zu finanzieren. Schließlich zeigen die vielen „Patchwork-Familien“, dass sich die Lebenswirklichkeit geändert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein