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Frage von Marcus R. •

Frage an Andrea Wicklein von Marcus R. bezüglich Umwelt

Sind Sie auch der Meinung, dass die z.Z. besprochenen geplanten Veränderungen beim EGG ÜBERDACHT UND KORRIGIERT werden müssen, da die von der Bundesregierung z.Z. geplanten Änderungen die notwendige Energiewende zu stark ausbremsen würden und insbesondere Bürgerinitiativen und kleinere Firmen durch die neuen Regeln der Ausschreibungen im Verhältnis zu der großen Firmen zu schwer haben werden? Was unternehmen Sie für eine zügigere und sozial abgesicherte Energiewende speziell in der Lausitz?

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Reinhold

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reinhold,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Fragen, die ich Ihnen gern umfassend beantworten möchte.

Am 8. Juni wurde der Entwurf zum EEG 2016 vom Kabinett gebilligt. Vorangegangen waren zwei Sondersitzungen der Ministerpräsidenten, in denen sich die Länder, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundeskanzleramt auf wesentliche Eckpunkte der Novellierung verständigt haben. Jetzt beginnt das parlamentarische Verfahren.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine zentrale Säule der Energiewende. Sie soll unsere Stromversorgung klima- und umweltverträglicher und uns unabhängiger von knapper werdenden fossilen Brennstoffen machen. Gleichzeitig soll sie bezahlbar und verlässlich bleiben. Das EEG hat die Grundlage für den Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen, deren Anteil rund 33 Prozent am Stromverbrauch in 2015 erreichte.
Die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren Energien wollen wir verstetigen und ihre Weiterentwicklung für alle Akteure verlässlich machen. Die EEG-Reform 2014 war hierfür ein wichtiger Schritt. Jetzt geht es darum, den weiteren Kostenanstieg zu bremsen, den Ausbau planvoll zu steuern und die erneuerbaren Energien weiter an den Markt heranzuführen.
Die Novellierung des EEG ist durch zwei Herausforderungen geprägt:

· Die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbare Energien-Anlagen soll zukünftig wettbewerblich im Rahmen von Ausschreibungen ermittelt werden.

· Der Ausbau der erneuerbaren Energien-Anlagen soll stärker mit dem Netzausbau synchronisiert werden.

Ausschreibungen und Akteursvielfalt

Mit der Ermittlung der Höhe der Einspeisevergütung für erneuerbare Energien durch Ausschreibungen anstelle von staatlichen Preisfestlegungen wollen wir Überförderungen vermeiden und Einsparpotenziale im Anlagenbau, der Projektierung und bei der Grundstückspacht heben. Gleichzeitig können über Ausschreibungen die technologiespezifischen Zubaumengen besser gesteuert werden. Damit schaffen wir die Grundlage für eine planbare Fortführung der Energiewende, um einen Anteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in 2025 zu erreichen. Das entspricht dem Gesamtausbaukorridor, den wir im EEG 2014 als Ziel definiert haben.
Die Erfahrungen aus den bisher vier Ausschreibungsrunden der Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind sowohl hinsichtlich der ermittelten Förderhöhe als auch der Akteursvielfalt positiv. Dennoch ist im Gesetzesentwurf zum EEG 2016 vorgesehen, für Bürgerenergiegesellschaften die Teilnahme an Ausschreibungen für Onshore-Windprojekte zu erleichtern. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass es Bürgerenergiegesellschaften schwerer fällt, zunächst die Kosten für die Vorentwicklung zu tragen, aber später gegebenenfalls keinen Zuschlag zu erhalten. Im Unterschied zu ihren Mitbewerbern gehen sie in der Regel mit nur einem Angebot in die Auktion. Es ist vorgesehen, die Entwicklung der Akteursvielfalt bei Ausschreibungen zu evaluieren, um bei Fehlentwicklungen rechtzeitig nachsteuern zu können.
Um auch weiterhin allen Investoren eine Teilnahme an dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu ermöglichen und um die Bürokratiekosten möglichst gering zu halten, werden grundsätzlich Anlagen bis zu einer installierten Leistung von 750 Kilowatt (kW) von den Ausschreibungen ausgenommen und nach dem bisherigen System vergütet.

Synchronisation von Ausbau der Erneuerbaren Energien und Netzausbau

Das Missverhältnis zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien-Anlagen und dem Netzausbau hat sich durch den erfolgreichen Ausbau von Windenergie an Land und Windenergie auf See zugespitzt. Diese Anlagen stehen im Norden der Bundesrepublik und können derzeit den Strom nicht in die Verbrauchszentren im Süden transportieren.
Die Kosten für das Netzengpassmanagement lagen im Jahr 2015 bei 1,1 Mrd. Euro. Etwa 470 Mio. davon entfielen auf die Entschädigung von abgeregelten EE-Anlagen und 420 Mio. auf das sogenannte Redispatch. Diese Kosten könnten sich ohne steuernde Eingriffe um ein vielfaches erhöhen.
Auf der Grundlage eines novellierten Referenzertragsmodells sollen zukünftig die weniger windhäufigen, aber wirtschaftlich ertragreichen Standorte mit Blick auf die Ertragssituation eine vergleichbar hohe Prämie erhalten wie Anlagen an windreichen Standorten. Damit soll der Ausbau gleichmäßiger im Bundesgebiet verteilt und die Übertragungsnetze entlastet werden.
Außerdem wird der Ausbaukorridor von Wind-Onshore-Anlagen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und im Norden von Hessen auf 58 Prozent des Zubaus der Jahre 2013 bis 2015 reduziert. Damit soll die Ausbaugeschwindigkeit in Netzengpassgebieten reduziert werden. Die Netzengpasssituation soll alle zwei Jahre überprüft und das Gebiet entsprechend angepasst werden. Dadurch soll der Druck auf die Übertragungsnetzbetreiber aufrechterhalten werden, die Netze auszubauen.
Um Vorzieheffekte beim Ausbau der erneuerbaren Energien bis zu den Ausschreibungen zu vermeiden und gesunkene Kapitalkosten zu berücksichtigen, ist im Gesetzesentwurf eine Einmaldegression der Vergütung für Wind an Land von 5 Prozent ab dem 01.06.2017 vorgesehen.
Trotz der vorgesehenen Maßnahmen wird im Norden Deutschlands auch zukünftig Strom abgeregelt werden müssen, da er aufgrund der Netzengpässe auf der Übertragungsnetzebene nicht transportiert werden kann. Im Rahmen von Projekten soll dieser Überschussstrom demnächst durch zuschaltbare Lasten von 2 GW im Netzengpassgebiet genutzt werden.
Zudem werden Instrumente erarbeitet, um den Netzausbau zu beschleunigen. So sollen beispielsweise Genehmigungsverfahren überprüft und Netzausbaukorridore präzisiert werden.
Diese Maßnahmen sind aus unserer Sicht geeignet, den Ausbau der Erneuerbaren zu steuern ohne ihn auszubremsen. Sie geben uns die Chance, die Akzeptanz für die Energiewende in der Bevölkerung zu sichern, in dem wir den Kostenanstieg unter Kontrolle halten.
Gleichzeitig wird über einen zuverlässigen Ausbau der erneuerbaren Energien der Heimatmarkt der Maschinen- und Anlagenbauer im Energiesektor gesichert, der Grundlage für das Exportgeschäft ist. Unsere Vorbildfunktion bei der Energiewende entscheidet sich nicht am schnellstmöglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien, sondern ob uns der Transformationsprozess von den konventionellen zu den erneuerbaren Energieträgern ohne Einschränkung an Versorgungssicherheit und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit gelingt. Das gilt auch insbesondere für die Lausitz.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein