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Andrea Wicklein
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Frage von Olaf H. •

Frage an Andrea Wicklein von Olaf H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Wicklein,

gestern ist leider wieder eine Vielzahl von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer umgekommen!
Wie lange soll diese Asylpolitik so weiter fortgesetzt werden?
Sollte nicht eine strikte Trennung von Einwanderungs- und Asylpolitik stattfinden?

Was würde geschehen,
wenn Asylanten generell eine Einbürgerung verwehrt bleiben würde?
wenn Asylanten ein außerhalb des Asylantrags geltendes Aufenthaltsrecht verwehrt werden würde?
wenn Asylanten kein Geld ausgehändigt werden würde?
wenn Asylanten ein generelles Arbeitsverbot erhalten würden?
wenn Asylanten nach Beruhigung der Situation in ihrem Heimatland wieder zurück geschickt werden würden?

Würde dann nicht sichergestellt sein, dass wirklich nur Flüchtlinge in unser Land kommen die wirklich Angst, um ihre Unversehrtheit oder gar um ihr Leben haben? Würde sich dann nicht auch die Bevölkerung weniger versperren, weil sie so die Gewissheit hätte, dass diejenigen die hier nach Asyl suchen auch wirklich Unterstützung benötigen.

Ist es im Augenblick nicht so, dass durch die jetzige Asylpolitik ein Strom von Wirtschaftsflüchtlingen in Bewegung gesetzt wurde, der von alleine niemals mehr zum Stillstand kommen wird?

Wie schätzen Sie die Situation ein, und wie wollen Sie dieser Herr werden?

Bitte vermischen Sie in Ihrer Antwort nicht die Themen Einwanderung mit Asylanträgen, denn ein Einwanderer kommt auf eigenes wirtschaftliches Risiko und ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen in ein fremdes Land.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Höch,

auf Ihr Schreiben will ich Ihnen gern antworten und auf einige Ihrer Punkte einzugehen.
Wenn Sie in den vergangenen Monaten wie ich Gelegenheit hatten, einige dieser Geflüchteten kennenzulernen, werden Sie sicherlich nachvollziehen können, dass Menschen vor Gewalt, Krieg, Verfolgung ihr Land verlassen, um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen, ihnen eine Zukunfts- und Überlebensperspektive zu geben. Diese Menschen sind gezwungen alles zurückzulassen, weil sie ihre Heimat unfreiwillig verlassen. Viele von Ihnen sehnen sich danach schnellstmöglich zurückkehren zu können. Das Leid, dass die zu uns Flüchtenden dabei auch auf der Flucht erleben, ist hingegen für uns nur schwer vorstellbar.
Es ist daher unsere Verantwortung und moralische Pflicht als Menschen, den Flüchtenden alle uns mögliche Hilfe zukommen zu lassen. Auch rechtlich ist diese Verpflichtung geregelt, seit Deutschland den Genfer Flüchtlingskonventionen beigetreten ist und sich damit zum Schutz von flüchtenden Menschen verpflichtet hat.
Ich bin mir sicher, dass Sie sich in Ihrem Schreiben nicht auf diese Menschen beziehen.
Der Anteil der Menschen, die aus Nicht-Kriegsgebieten kommen, ist jedoch deutlich zurückgegangen. Und auch richtig ist, dass ein Großteil dieser Asylsuchenden keinen Schutzstatus erhält.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Bekämpfung von Fluchtursachen. Zu den Fluchtursachen gehören neben Gewalt und Krieg, auch Diskriminierung, z.B. von Roma, die Auswirkungen des Klimawandels oder wirtschaftliche Perspektivlosigkeit.
Zu diesem Thema hat die SPD Arbeitsgruppe Zusammenarbeit und Entwicklung nun ein Positionspapier entwickelt und konkrete Forderungen formuliert. Sie finden das Positionspapier unter folgendem Link: http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/pospapier_der_agwz_fluchtursachen.pdf .
Solange wir die Fluchtursachen nicht bekämpft haben, kann man es den Menschen nicht verdenken, dass sie sich auf den Weg in sichere Länder machen.
Natürlich stehen wir in Deutschland auch deshalb vor großen Herausforderungen. Ich bin froh, dass wir nun in allen Bereichen Fortschritte machen.
Allein für die derzeitige Situation hat der Bund die Länder in diesem Jahr mit zwei Milliarden Euro unterstützt. Für das kommende Jahr wird er sie mit über 4,8 Milliarden Euro unterstützen, zusätzlich zu vielen Entlastungen für Länder und Kommunen.
Trotz beispiellos gestiegener Antragszahlen haben wir dennoch erreicht, dass im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wesentlich mehr Anträge (bis Ende November mit über 240.000 bereits fast doppelt so viele Entscheidungen, wie im Jahr 2014) wesentlich schneller (von 7,1 Monate in 2014 auf derzeit 5,2 Monate gesenkt) bearbeitet werden konnten.
Klar ist aber auch, dass es hier weiter hohen Verbesserungsbedarf gibt. Dafür wird das BAMF künftig personell deutlich verstärkt.

Besonders wichtig ist mir der Punkt der Sprach- und Integrationsförderung, der im Grunde in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens angesiedelt ist. Von Unterbringung, über Kita und Schule, den Freizeitsport, bis hin zur Arbeit. Die Menschen brauchen Perspektiven, wir wollen ihnen diese bieten.
Wir sind überzeugt davon, dass Bildung die Schlüsselrolle für die erfolgreiche langfristige Integration zukommt. Das alleine auch deshalb, weil es sich bei den Flüchtlingen in hohem Maße um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene handelt, die über Bildung gezielt und gut erreicht werden können. 25 Prozent sollen unter 16 Jahre alt sein, ein weiteres Viertel unter 25 Jahre. Das ist aber auch eine unglaublich große Chance für unsere Gesellschaft, die in einem bedenklichen Maße vom demografischen Wandel betroffen ist.
Es ist und bleibt eine Gesamtaufgabe für unsere Gesellschaft, die uns innen- und außenpolitisch weiter fordern wird.
Das bedeutet allerdings auch sich nicht von rechtspopulistischen Hetzerinnen und Hetzern ausspielen zu lassen. Die Grundwerte unserer Gesellschaft wie z.B. Gleichberechtigung, aber auch der Rechtsstaat und Demokratie, sind kein Ergebnis rechtspopulistischer Politik. Sie wurden durch unsere Demokratie, die etablierten Parteien und unsere tolerante Gesellschaft gestärkt und gegen Angriffe geschützt. Wohin uns rechtspopulistische Politik mit nationalistischer und Sündenbock-Rhetorik gebracht hat, sollten wir auch nie vergessen.
Als SPD wollen wir, dass Deutschland ein offenes und starkes Land bleibt, das allen seinen Menschen die Chance auf ein gutes Leben bietet. Daran werden wir als SPD-Bundestagsfraktion auch in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode mit ganzer Kraft und vollem Einsatz arbeiten!

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein