Frage an Andrea Wicklein von Andre Z.
Sehr geehrte Frau Wicklein,
könnten Sie mir bitte mitteilen, warum Sie gegen den Antrag der Grünen-Fraktion gestimmt haben, mit dem schließlich erreicht werden sollte, dass sich die Bundesregierung im Europäischen Rat im Rahmen von TTIP und CETA für die Ablehnung von außergerichtlichen Schiedsverfahren einsetzt.
Immerhin sollte es so keine Möglichkeit geben, dass Konzerne Staaten vor internationalen Schiedsgerichten außerhalb der ordentlichen staatlichen Gerichtsbarkeit verklagen können. Unter den Investitionsschutz kann später sehr vieles fallen, so z.B. Umwelt- und Sozialstandards. Diese können dann, ohne das der Staat noch intervenieren kann, aufgeweicht werden wenn eine entsprechende Firma so ein Schiedsgericht anruft.
Dies kann nicht im Sinne der Bürger sein. Sie sollten aber genau für diese da sein. Daher meine Frage.
Vielen Dank und viele Grüße,
André Zbinden
Sehr geehrter Herr Zbinden,
herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Engagement beim Thema Freihandelsabkommen. Ich persönlich finde es wichtig, gerade kontrovers diskutierte Themen ausgewogen zu betrachten. Das konnte ich in dem Antrag der Grünen leider nicht erkennen.
Es gibt im Zusammenhang mit den Freihandelsabkommen viele Ängste, die in Teilen auch verständlich sind. Ich warne in diesem Zusammenhang jedoch vor Extrempositionen, noch bevor irgendetwas fest steht. Es muss vielmehr darum gehen, die Ausgestaltung aktiv zu begleiten.
Klar ist, was das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) betrifft:
Nichts ist bislang unterschrieben oder verhandelt.
Für mich sind fünf Punkte besonders wichtig:
1. Das Abkommen wird nicht um jeden Preis geschlossen.
2. Die Verhandlungen müssen mit maximaler Transparenz geführt werden.
3. Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz müssen auch bei dem Freihandelsabkommen gelten.
4. Ich will, dass wir im Bundestag darüber mitentscheiden können.
5. Wir müssen auch die Chancen des Freihandelsabkommens im Blick haben, um gute politische Entscheidungen zu treffen.
Freihandelsabkommen bieten die Chance auf mehr Wohlstand für die Menschen in der EU und viele neue Arbeitsplätze. Zugleich existiert aber insbesondere bei TTIP auch die Sorge, dass europäische Standards abgesenkt werden könnten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und das Bundeswirtschaftsministerium haben deshalb ein Positionspapier publiziert, das gemeinsame Ziele formuliert, die ich unterstütze. Das Papier ist einsehbar unter: http://goo.gl/PxINZ5
Zum Thema "Schiedsgerichte" heißt es da, es sei prinzipiell wichtig, dass das demokratische Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, nicht ausgehebelt werden kann, schon gar nicht durch einen Regulierungsrat oder durch weitgehende Investitionsschutzvorschriften. Deshalb sei es richtig, dass die EU-Kommission ein Verhandlungsmoratorium zum Investitionsschutz beschlossen und eine öffentliche Konsultation zu dieser Frage eingeleitet hat.
Dem schließe ich mich an, mit der Ergänzung, dass es viele Länder in Europa gibt, die auf Investitionen dringend angewiesen sind, jedoch oftmals für investitionswillige Unternehmen nicht attraktiv genug sind, weil sie keine Sicherheiten bieten können. Aus diesem Grund, darf man Investitionsschutz und auch Schiedsgerichte nicht vollständig ablehnen, sondern muss sich stattdessen auf ihre Ausgestaltung konzentrieren und dort Einfluss nehmen.
Grundsätzlich gilt: Das Abkommen steht unter dem Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments, des Rates und auch unter dem Zustimmungsvorbehalt der 28 nationalen Ratifizierungsprozesse. Im Papier heißt es: "Das zeigt: Ein TTIP, das die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger nicht berücksichtigt, darf und wird es nicht geben."
Anders verhält es sich jedoch beim CETA Abkommen zwischen der EU und Kanada. Dieses ist bereits ausverhandelt. Bei meinem Aufenthalt und zahlreichen Gesprächen, auch mit Vertretern der Sozialdemokratischen Partei in Kanada, konnte ich mich auch davon überzeugen, dass CETA und TTIP nicht gleichzusetzen sind. CETA ist das modernste Freihandelsabkommen, das jemals verhandelt wurde. Die Standards sind in dem großen Land Kanada, mit seinen 35 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern vergleichbar mit denen in Deutschland, höher als in vielen anderen EU-Mitgliedsländern. Die in fünf Jahren ausverhandelten 1.500 Seiten Vertragstext werden derzeit in die Sprachen der 28 EU-Mitgliedsstaaten übersetzt. Sobald die deutsche Fassung vorliegt, werden wir uns mit den Details auseinandersetzen können.
Bei allen auch berechtigten Ängsten ist mir wichtig, dass wir die Chancen solcher Abkommen im Blick behalten. So haben die bereits über 1.400 geltenden Abkommen einzelner Mitgliedsländer bisher überwiegend Vorteile gebracht.
Aus den Fehlern können wir bei neuen Abkommen lernen, insbesondere was das Investitionsschutzabkommen betrifft.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein