Frage an Andrea Wicklein von Mario H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wicklein,
da die Politik der Bundesregierung insbesondere einen gestaltenden Charakter haben soll, sind mir folgenden Fragen im Rahmen der Bundestagswahl besonders wichtig:
1.) Wie gedenken Sie mit der Integration von zugezogenen Bürgen aus nicht EU-Ländern umzugehen. Insbesondere ist es im Bezug auf die Flüchtlingslage aufgrund zusammenbrechender (Militär-)Dikataturen in Afrika und Asien aus meiner Sicht besonders wichtig, Asylantragsverfahren zu beschleunigen, um Menschen, die nach Deutschland kommen, eine Planungssicherheit zu geben, ob sie in unserem Land verbleiben und ggf. auch arbeiten können. Darüber hinaus interresiert mich ein Bouns-Malus-Systems als Anreiz zur besseren Integration.
2.) Wie wollen Sie sicherstellen, dass trotz einem groén Sicherheitsbedürfnis, die Freiheitsrechte durch ausländische Geheimdienste aufgrund globaler und nationaler Interessen nicht eingeschränkt werden und Journalisten uneingeschränkt frei handeln können.
3.) Wie stellen Sie die Gemeinschaft Europas hinsichtlich der Schuldenpolitik sicher, wenn in Deutschland nicht einmal die Schwierigkeiten des förderalen Systems (Überschuldung der Kommunen, Streit um Länderfinanzausgleich und Solidaritätsbeitrag)zu vermitteln sind.
Über Ihre Antowrten würde ich mich sehr freuen.
Freundliche Grüße
Mario Hesse
Sehr geehrter Herr Hesse,
ich gebe Ihnen vollkommen recht: die Asylantragsverfahren müssen definitiv beschleunigt werden. Die Bundesländer dürfen mit dieser großen Aufgabe nicht alleingelassen werden, dabei brauchen sie die Hilfe des Bundes.
Wer in Deutschland Asyl beantragt hat in der Regel schwere traumatische Erlebnisse von Krieg, Verfolgung, Vertreibung und Bedrohung des eigenen Lebens hinter sich. Es sind Menschen, mit menschlichen Schicksalen. Hier sind meiner Meinung nach schnelle Hilfe und verlässliche Rahmenbedingungen nötig - und nicht jahrelange Verfahren, deren Ausgang für die Beteiligten nicht nachvollziehbar und unberechenbar sind. So entsteht kein Gefühl von Sicherheit und schon gar nicht die Möglichkeit, hoffnungsvoll in die Zukunft blicken zu können. Es ist in meinen Augen schlicht menschenunwürdig jahrelang in Wartehaltung ausharren zu müssen, innerhalb Deutschlands reisen und keine Arbeit aufnehmen zu dürfen. Da bin ich ganz Ihrer Meinung.
Die SPD steht für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik. Fluchtursachen - Verfolgung, Krieg und Bürgerkrieg, Diskriminierung und Armut in den Herkunftsländern - müssen bekämpft werden, um den Menschen in ihren Heimatländern Perspektiven zu eröffnen. Menschen, die dennoch fliehen müssen, wollen wir in Deutschland und in der Europäischen Union Schutz gewähren. Deshalb wollen wir das sogenannte Flughafenverfahren, das mit erheblichen Restriktionen verbunden ist, aussetzen.
Die Leistungen für Asylbewerber werden wir nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts reformieren und den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.
Und wir werden eine menschenrechtskonforme Flüchtlingspolitik in der EU voranbringen, einschließlich eines solidarischen Ausgleichs.
Prism und Tempora sind nicht nur ein Angriff auf die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, sondern ein Angriff auf die Presse- und Medienfreiheit. Während die Bundesregierung wochenlang versucht hat, den Ausspähskandal kleinzureden und auszusitzen, erklärt sie ihn nun beinahe täglich aufs Neue als beendet. Aber noch immer hat sie das Ausmaß der Enthüllungen nicht einmal ansatzweise verstanden. Und noch immer sind alle drängenden Fragen unbeantwortet. Wenn die Veröffentlichungen des "Guardian" und des "Spiegel" zutreffen, und bislang wurden diese nirgendwo glaubhaft widerlegt, dann gibt es bei der elektronischen Kommunikation keinen Informantenschutz mehr - dann war Edward Snowden tatsächlich der letzte Informant. Eine freie und unabhängige Presse- und Medienberichterstattung ist dann nicht mehr möglich.
Die Bundesregierung ist aufgefordert, endlich ihren Teil zur Aufklärung von Prism und Tempora zu leisten. Angriffe auf die Presse- und Medienfreiheit sind inakzeptabel, egal ob sie in Russland, Ungarn oder Großbritannien stattfinden. Die Bundesregierung muss sich endlich auf europäischer Ebene für die Wahrung der europäischen Grundrechte und der europäischen Werte einzusetzen. Dazu zählen das Recht auf Privatsphäre ebenso wie die Presse- und Meinungsfreiheit. Deshalb setze ich mich nachdrücklich für den Schutz von sogenannten Whistleblowern ein. Wir sind auf sie angewiesen, da ist es aus meiner Sicht nur selbstverständlich, dass wir ihnen Schutz gewähren. Die SPD hat sich in ihrem Antrag "Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern - Whistleblowern (Hinweisgeberschutzgesetz - HinwGebSchG)" ganz klar für einen verbesserten Schutz ausgesprochen. Aufgrund der schwarz-gelben Regierungsmehrheit wurde dieser Antrag jedoch bedauerlicherweise abgelehnt.
Die europäische Idee fasziniert die Menschen weltweit - aber die Form und der Zustand, in dem sich die EU derzeit befindet, schreckt viele ab. Das ist kein Widerspruch. Denn im Zuge von immer neuen Reformen in den vergangenen Jahrzehnten, bei denen an immer neuen Stellen repariert und justiert wurde, sind Institutionen der EU so unübersichtlich geworden, dass sie keiner mehr versteht. Ihre Kritik am föderalen System teile ich in einigen Punkten. Ich bin der Meinung, dass insbesondere in den Bereichen Bildung und Energiewende dringend ein zentrales Vorgehen vonnöten ist. Deshalb setzte ich mich auch für die Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes ein, damit der Bund bei der Finanzierung von Schulen und Hochschulen zu Seite stehen kann.
Ich bin der Meinung, dass die EU eine Form braucht, die die Faszination der europäischen Idee wieder sichtbar macht: die Idee nämlich, nach kriegerischen Jahrhunderten mit Europa einen Ort zu schaffen, an dem Frieden und soziale Gerechtigkeit herrschen, der Stabilität in die Welt exportiert und der als transnationale Demokratie organisiert ist, bei der die regionale, nationale und europäische Ebene jeweils das regelt, was sie am besten kann.
Scheitert Europa, dann scheitert auch das europäische Gesellschaftsmodell, das auf Solidarität und einen fairen Ausgleich der Interessen angelegt ist. Nur im gemeinsamen europäischen Staatenverbund wird es uns gelingen, unsere Interessen im 21. Jahrhundert global durchzusetzen und dadurch unseren Wohlstand zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein