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Andrea Wicklein
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Frage von Erich H. •

Frage an Andrea Wicklein von Erich H. bezüglich Finanzen

Werte Frau Wicklein,

ich war immer der Meinung, wir haben eine STAATSSCHULDENKRISE. Wofür eigentlich nur Politiker verantwortlich sind.
Z.B. musste Deutschland 2011 446, 773 Milliarden an ZINS - und TILGUNG zahlen, bei bereinigten Einnahmen von 1 163 Milliarden.
Worin sehen Sie den Sinn der hohen Staatsverschuldung?
Literatur: Gesamthaushalt der BRD von 2011
Wäre es nicht sinnvoller, den Banken grundsätzlich verbieten, dem STAAT Geld zu leihen?
Der Kanzlerkandidat, Herr Steinbrück befürwortet EUROBONDS.
Wie will die SPD diese zusätzlichen Schulden abbauen?
Die Steuern erhöhen, andere Länder mit der Kavallerie einnehmen?
Birgt eine hohe Verschuldung nicht die Kriegsgefahr in Europa?

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Humplik,
zunächst muss ich Ihnen widersprechen: Aufgrund der Auswirkungen der Finanzmarktkrise haben seit dem Jahr 2009 einige Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets Refinanzierungsschwierigkeiten an den Finanz- und Kapitalmärkten. Deren Ursachen sind jeweils unterschiedlich: Griechenland verlor das Vertrauen der Gläubiger und Investoren wegen eines zu hohen Staatsdefizits, einer enorm hohen strukturellen (Neu-)Verschuldung für konsumtive Ausgaben bei gleichzeitiger mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftskraft. Irland und Spanien haben in eigener Verantwortung sehr große Bankenrettungsprogramme aufgelegt, die sie jeweils allein finanziell nicht schultern konnten. Das gleiche gilt für Zypern. Zu sagen dafür seien eigentlich nur Politiker verantwortlich greift meiner Meinung nach zu kurz.
Ich persönlich sehe keinen Sinn in einer hohen Staatsverschuldung. Allerdings ist ein Staat auch keine Privatperson, die ihre Ausgaben auf den persönlichen Bedarf ausrichten kann. Somit besteht ein gewisser Sachzwang bei der Bewältigung sogenannter öffentlicher Aufgaben. Ein Staat hat sicherzustellen, dass die Grundversorgung seiner Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist. Dazu gehört eine funktionierende Infrastruktur in den Bereichen Bildung, Gesundheit, soziale Sicherung genauso, wie Schwimmbäder, Straßen und Theater und deren Unterhalt.
Diese Aufgaben sind mit den Staatseinnahmen allein durch Steuern nicht zu leisten - wie die knappen Kassen in Kommunen, Ländern und Bund uns immer wieder vor Augen führen. Dazu gehört natürlich auch das Thema "Steuerehrlichkeit": Nach einer Studie für das Europäische Parlament entgehen Deutschland jährlich Steuereinnahmen von 150 Milliarden Euro durch Steuerflucht und Steuervermeidung.
Um die deutsche Staatsverschuldung zu begrenzen ist bei uns die sogenannte "Schuldenbremse" eingeführt worden, die Bund und Ländern verbindliche Vorgaben zur Reduzierung des Haushaltsdefizits macht. Grundsätzlich sollen die Haushalte von Bund und Ländern ohne die Aufnahme von weiteren Krediten ausgeglichen werden.
Doch lassen Sie mich an dieser Stelle auch daraufhinweisen, dass Kredite, auch von Banken, per se nichts Schlechtes sind. Denn dadurch werden Investitionen ausgelöst, die letztendlich uns allen zugute kommen. Als Beispiel möchte ich an dieser Stelle das Konjunkturprogramm II nennen, mit dem 2009 im Wesentlichen Bildungseinrichtungen saniert und modernisiert wurden. Dadurch konnten Arbeitsplätze in großem Umfang gesichert werden. Den finanziellen, kulturellen und gesellschaftlichen Mehrwert von mehr sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen brauche ich Ihnen sicherlich nicht darlegen.
Die SPD will eine gerechte und moderne Gesellschaft. Dafür brauchen wir einen handlungsfähigen Staat, der in der Lage ist, seine Aufgaben für ein solidarisches Gemeinwesen zu erfüllen. Stabile Staatsfinanzen bilden die Grundlage dafür, dass der Staat diese Aufgaben erfüllen kann. Sie sind auch Voraussetzung für nachhaltiges und qualitatives Wachstum, um Wohlstand für alle zu schaffen und zu sichern. Dazu gehört ein gerechtes Steuersystem. Unsere Politik steht in der Pflicht einer soliden Finanzierung. An erster Stelle stehen daher für uns der Schuldenabbau und Investitionen in Bildung.
Unsere Steuerpolitik ist kein Selbstzweck, sondern dient einer fairen Lastenverteilung und dem Gleichgewicht in der Gesellschaft.
Konkret bedeutet dies:
Wir wollen zukünftige Bezieher hoher Einkommen und Vermögende stärker zur Finanzierung unseres Gemeinwesens heranziehen. Dazu wollen wir den Spitzensteuersatz von 42 bzw. 45 Prozent auf 49 Prozent für zu versteuernde Einkommen ab 100.000 Euro bzw. 200.000 Euro bei Eheleuten erhöhen.
Vermögen wird in Deutschland im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich besteuert. Wir werden die Vermögenssteuer auf ein angemessenes Niveau heben, um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen.
Wir wollen eine Finanztransaktionssteuer mit einer möglichst breiten Bemessungsgrundlage und niedrigen Steuersätzen. Das heißt für uns, dass alle Transaktionen von Aktien, Anleihen, Derivaten und Devisen einer Besteuerung unterliegen müssen.
Besondere steuerliche Privilegien für einzelne Interessengruppen, etwas Hoteliers und reiche Erben, die CDU/CSU und FDP in den vergangenen Jahren neu geschaffen haben, werden wir zurücknehmen.
Und wir wollen steuerliche Subventionen - insbesondere solche mit ökologisch schädlicher Wirkung - gemäß unserem Steuer- und Finanzierungskonzept streichen. Dazu gehören z.B. der Abbau der steuerlichen Vergünstigung für Agrardiesel und die Begrenzung der Absetzbarkeit von Kraftstoffkosten bei großen Firmenwagen.
Gern können Sie diese von mir hier nur skizzierten Vorhaben in unserem Wahlprogramm unter

http://www.spd.de/linkableblob/96686/data/20130415_regierungsprogramm_2013_2017.pdf

nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein