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Frage von Gottfried Dr. L. •

Frage an Andrea Wicklein von Gottfried Dr. L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Wicklein,

zunächst nochmals Dank für Ihre Einladung zum Besuch des Bundeskanzleramtes am 22.10.2012.
Meine Frage/Anregung betrifft das neue Wahlgesetz. Es sollte gem.Art. 38(1) GG schlicht und einfach nur noch unmittelbar, namentlich gewählte Abgeordnete geben, die (wie Sie) in ihrem Wahlkreis fair um Wähler(stimmen) werben (mir gefällt das Wort "Wahlkampf" und der Plakateaufwand nicht), die ihren Wählern bekannt und veranwortlich sind. Alle anderen Regelungen und Konstrukte (Listenplätze, Überhangsmandate, Ausgleichsmandate ... ) sollten abgeschafft werden. Und Wahlen mit weniger als 75 Prozent Wahlbeteiligung sollten ungültig sein.
Das wäre ein guter Beitrag zu mehr Demokratie und würde die Wahlbeteiligung sicher erhöhen.
Und, noch etwas Technisches: Ich fände gut, wenn im Deutschen Bundestag, wie in vielen anderen Parlamenten, ein modernes, elektronisches Abstimmungs-System installiert würde, so dass die MdB von ihren Plätzen durch Knopfdruck abstimmen könnten und das Ergebnis sofort ablesbar wäre.
Das Gedränge um die Wahlurnen finde ich altmodisch und sonderbar.
Ich wünsche Ihnen weiterhin erfolgreiches Wirken.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gottfried Lindner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Lindner,

ich habe Ihre Nachricht erhalten und Ihre Anregungen mit Interesse gelesen. Ihr Vorschlag zum Wahlrecht ist auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar. Allerdings haben die Listen auch die Funktion, dass auch politische Minderheiten in den Wahlkreisen Einfluss erhalten. Würde der Bundestag sich ausschließlich aus direkt gewählten Abgeordneten zusammensetzen, würden die Stimmen der Wählerinnen und Wähler für andere Parteien oder Kandidaten keine Berücksichtigung finden und wären insofern "verlorene" Stimmen. Es sollte deshalb aus meiner Sicht bei der Verhältniswahl bleiben. Die Wahlbeteiligung in unserem Land ist leider seit vielen Jahren rückläufig. Dies ist ein Problem und sollte wirklich ernst genommen werden. Es ist noch gar nicht lange her, da sind die Menschen für freie Wahlen auf die Straßen gegangen und haben damit rechnen müssen, dass sie inhaftiert oder verfolgt werden. Andererseits bin ich der Auffassung, dass demokratische Beteiligung nicht erzwungen werden darf. Es ist allerdings Aufgabe der Parteien, für Vertrauen nicht nur zu werben sondern durch Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit auch verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Über elektronische Abstimmungen habe ich noch nicht nachgedacht, weil ich unser Abstimmungsverfahren im Deutschen Bundestag für passende parlamentarische Tradition halte. Zwar wäre einige Zeit gewonnen, dafür würde die besondere Symbolkraft der Abstimmung an Wert verlieren. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre guten Wünsche und freue mich auf ein Wiedersehen. Auch Ihnen alles Gute!

Mit besten Grüßen

Ihre Andrea Wicklein