Frage an Andrea Wicklein von Matthias H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Wicklein,
mich würde konkret interessieren, warum Sie der Rettung spanischer Banken mit deutschem Steuergeld zugestimmt haben.
Das der spanischen Bürger dadurch keinerlei Erleichterung seiner misslichen Lage erfährt, dürfte allen klar sein. Statt dessen werden spanische Banken, die sich verzockt haben, und die Aktionäre dieser Banken, die offensichtlich falsch investiert haben, mit deutschen Steuergeld gerettet.
Besonders bedenklich finde ich es in diesem Zusammenhang auch, dass man als Wähler in Deutschland scheinbar keine Alternative mehr zu haben scheint, da alle demokratischen Großparteien im Stile der DDR-Volkskammer geschlossen Milliardenbeträge zur Rettung misswirtschaftender Banken abnicken.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen!
Matthias Heyder
Sehr geehrter Herr Heyder,
bitte entschuldigen Sie die späte Antwort. Die Beantwortung Ihrer Frage ist bedauerlicherweise im Trubel des politischen Geschäfts untergegangen. Dies sollte nach Möglichkeit nicht passieren und somit entschuldige ich mich für die lange "Wartezeit".
Sie fragen mich nach meinen Gründen, warum ich in der Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 19. Juli 2012 den Finanzhilfen für Spanien zugestimmt habe.
Die spanischen Banken hielten nach dem Platzen der Immobilienblase in Spanien viele faule Kredite in ihren Bilanzen und konnten sich nur noch schwer am Kapitalmarkt refinanzieren. Es handelte sich hier übrigens in erster Linie um Banken, die am ehesten vergleichbar sind mit unseren Sparkassen. Keine "global player", sondern Mittelstands- und Bürgerfinanzierer.
Die Finanzmärkte spekulierten nach wie vor über die vorhandenen Risiken bei spanischen Banken. Die Situation war also mehr als schwierig. Denn auch, wenn es nicht jedem gefällt: Ohne ein stabiles Bankensystem ist das gesamte Finanz- und Wirtschaftssystem bedroht. Diese Bankenrettung war also kein Selbstzweck, sondern diente letztlich der Realwirtschaft.
Die Kredithilfen sind übrigens nicht direkt an die notleidenden Banken geflossen, sondern über den staatlichen Bankenrestrukturierungsfonds FROB. Damit wurde also keine direkte Bankenhilfe geleistet, sondern ein rückzahlbarer und verzinster Kredit an den spanischen Staat vergeben.
Klar war und ist aber auch: diese Maßnahmen zur Restrukturierung der spanischen Banken konnten nur ein erster Schritt sein, um die Bankenkrise in Europa zu bewältigen. Innerhalb der SPD war uns klar, dass weitere Schritte folgen mussten. Zu unseren Kernforderungen gehören - auch wenn die Bundesregierung in einigen Punkten endlich eingesehen hat, dass Handlungsbedarf besteht - unverändert: eine verstärkte Finanzmarktregulierung, die Trennung von konservativem Kreditgeschäft und hochspekulativem Investmentbanking, eine bessere Eigenkapitalausstattung der Banken und eine schlagkräftige europäische Bankenaufsicht.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein