Frage an Andrea Wicklein von Friedrich S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Wicklern,
am Donnerstag den 28.06.2012 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur "Fortentwicklung des Meldewesens" verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird den Einwohnermeldeämtern das Recht eingeräumt die Adressdaten der Einwohner an Werbefirmen etc. zu verkaufen. Doch mit diesem Gesetz wurde allen Bürgern auch noch quasi das Widerspruchsrecht genommen, das nun nur noch via Opt In wahrgenommen werden kann, jedoch scheint nicht einmal mehr das zu helfen, da ein Grundstock der Daten meines Wissens nach immer abgefragt werden kann, zu Aktualisierungszwecken.
Haben Sie diesem Gesetz zugestimmt?
Wenn ja waren Sie sich der Folgen bewusst?
Wenn nein, was können und wollen Sie zur Bewältigung dieses Problems unternehmen?
vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage
Sehr geehrter Herr Schumann,
der von der Bundesregierung bereits im November 2011 vorgelegte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens (Bundestagsdrucksache 17/7746) war eigentlich eine gute Beratungsgrundlage und sah sogar vor, den Datenschutz im Meldewesen zu stärken. Hintergrund des Entwurfs war, dass das Meldewesen mit der Föderalismusreform I in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes überführt worden war. Mit dem neuen "Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens" will der Bund diese Gesetzgebungskompetenz ausfüllen und das bisher geltende Melderechtsrahmengesetz (MRRG) aus dem Jahre 1980 mit den Landesmeldegesetzen in einem Bundesmeldegesetz zusammenführen.
Mit ihrem wenige Tage vor den abschließenden Beratungen vorgelegten Änderungsantrag zum neuen Meldegesetz hat die schwarz-gelbe Koalition dem Datenschutz jedoch einen schweren Schlag versetzt. Anders als im Regierungsentwurf vorgesehen soll für Auskünfte zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels nicht mehr die Einwilligung des Betroffenen erforderlich sein, die Bürgerinnen und Bürger sollen lediglich der Datennutzung zu diesen Zwecken widersprechen können. Darüberhinaus soll nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition der Widerspruch gegen die Weitergabe von Daten für Werbung und Adresshandel insoweit unwirksam sein, als "die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden".
Ich war bei der Abstimmung nicht dabei. Insgesamt waren 24 Abgeordnete im Parlament zu Abstimmung und sicherten damit die Vertretung ihrer Fraktionen und deren Abstimmungsverhalten.
Der Bundestag ist ein Ausschussparlament. Dies bedeutet, dass die eigentlichen Beratungen in den zuständigen Ausschüssen stattfinden. Die Abgeordneten sind auf Themen spezialisiert, da niemand es leisten kann in allen Themen gleich gut eingearbeitet, auf dem aktuellen Stand und informiert zu sein. Kein Abgeordneter kann alle Aspekte der Gesetzgebung des Bundestages vollständig überblicken. Ohne diese Arbeitsteilung wäre eine halbwegs kritische Gesetzgebung nicht leistbar. So nehmen an den Debatten außerhalb der sogenannten Kernzeiten im Normalfall auch nur die mit dem Thema befassten Kolleginnen und Kollegen aus den Fachausschüssen teil - eine Erklärung für die vielfach kritisierten "leeren Bänke".
Wir als SPD-Fraktion haben im zuständigen Innenausschuss am 27. Juni 2012, einen Tag vor der spätabendlichen Abstimmung im Plenum, bereits unmissverständlich gegen das Einknicken der schwarz-gelben Koalition vor der Adresshandelslobby Stellung bezogen, wurden aber von der schwarz-gelben Regierungsmehrheit überstimmt. Da die Mehrheitsverhältnisse im Innenausschuss die gleichen sind wie im Plenum, bleibt uns als Opposition nur der Weg, das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Über die Länder, in denen die SPD die Regierung führt oder an ihr beteiligt ist, wollen wir verhindern, dass der Bundesrat dem Gesetz in der jetzigen Fassung zustimmt.
Dass sich Verbraucherschutz-Ministerin Aigner nun plötzlich vom neuen Melderecht ihrer eigenen Koalition distanziert, ist schon eine ganz erstaunliche Kehrtwende. Es war ein gemeinsamer Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP, mit dem der ursprünglich datenschutzfreundliche Gesetzentwurf ins Gegenteil verkehrt wurde. So zu tun, als wäre dieser Antrag dem Innenausschuss aus dem Nichts zugeflattert, ist schlechterdings unredlich.
Die SPD wird sich weiter dafür einsetzen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf den sorgsamen Umgang mit ihren Daten gewahrt bleiben und nicht von Schwarz-Gelb leichtfertig Lobbyinteressen geopfert werden.
Zudem gibt es eine online-Petition, auf die ich Sie hiermit aufmerksam machen möchte:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=25647
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Wicklein