Frage an Andrea Rugbarth von Manfred C. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Rugbarth,
im Rahmen des Bebauungsplanes Langenhorn 73 droht der Abriss von ca 500 Wohnungen in Langenhorn. Wie werden Sie Beiträge dazu leisten, dass Bürger vor Bauspekulanten und überteuerten Mieten in den neuen Häusern geschützt weren? Wie stehen Sie zu einer deutlichen Qualitätsverschlechterung durch Nachverdichtung und erhöhtem Verkehrsaufkommen.
mit freundlichem Gruss
Manfred Calsow
Sehr geehrter Herr Calsow,
herzlichen Dank für Ihre spannende Frage, die seit Wochen viele Langenhornerinnen und Langenhorner rund um den Reekamp, Wulffsgrund und Wulffsblöcken bewegt.
Abriss von 500 Wohnungen - das klingt zunächst einmal sehr negativ und schockierend. Lassen Sie mich bitte zunächst einmal feststellen, dass es hier nicht vorrangig um den Abriss geht, sondern die Besitzer der Wohnanlage schon seit Jahren darüber nachdenken, wie man den mittlerweile in die Jahre gekommenen 70jährigen Wohnungsbestand den heutigen Anforderungen entsprechend erneuern kann.
Die vorhandenen Wohnungen entsprechen in ihrer Ausstattung nämlich keinesfalls mehr modernen Erfordernissen - die Wohnflächen sind sehr klein, auch die sanitären Anlagen sind auf Miniflächen untergebracht. Selbstverständlich werden auch kleine Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt benötigt - keine Frage. Allerdings ist es für ein Wohngebiet immer gut, wenn es verschiedene Angebote an potentielle Mieter gibt: Kleine Wohnungen für Singles, große Wohnungen für Familien - und auch barrierefreie Wohnungen für Rollstuhlfahrer. In der Wulff´schen Siedlung gibt es leider diese Ausgewogenheit nicht mehr - Familien ziehen weg, weil die Wohnungen für sie zu klein sind, ältere Menschen ziehen wegen der fehlenden Barrierefreiheit ebenfalls aus ihrer angestammten Umgebung weg, obwohl sie viel lieber bleiben würden, wenn es in der Siedlung passenden Wohnraum gäbe.
Dass sich die Eigentümer also schon seit Jahren Gedanken über die Zukunft der Wohnsiedlung machen ist nachvollziehbar und zu begrüßen, zumal Hamburg dringend mehr - und insbesondere bezahlbaren - Wohnraum braucht. Vielleicht werden Sie mir entgegnen, man könnte ja schließlich die Häuser umbauen - Wände herausnehmen, Wohnungen vergrößern, neue Bäder einbauen, Wärmedämmung einbauen etc. Freilich könnte man das - aber die Bausubstanz bleibt im Prinzip dann trotzdem die alte - und die Kosten sind für Umbauten in dieser Größenordnung höher als die Kosten für Neubauten.
Natürlich sind mir die Befürchtungen der Mieter und Anwohner nicht entgangen, ich habe die Bürgerversammlungen besucht und ich habe daraus eine vordringliche Frage der Anwohner mitgenommen: Wer sind die Investoren und mit welchen Erwartungen gehen die Eigentümer an eine neue Bebauung heran? In einem persönlichen Gespräch mit den Eigentümern konnte ich mich davon überzeugen, dass die Investoren im Gebiet weiterhin bezahlbare Mietwohnungen zur Verfügung stellen wollen - es sind also weder Eigentumswohnungen, noch anderweitige Spekulationsobjekte geplant. Das ist eine sehr wichtige Feststellung, denn nur mit Eigentümern, die ihre Verantwortung zur Entwicklung eines Wohngebietes ernst nehmen, kann man über eine ausgewogene Bebauung reden. Im Klartext: Mit Investoren, die lediglich Dollarzeichen in den Augen hätten, könnte man nicht über Kompromisse reden. Denn Kompromisse werden im Verlauf der Diskussion über den B-Plan notwendig sein - z.B. Kompromisse hinsichtlich der Höhe der Bebauung, insbesondere am Gebietsrand. Dazu ist eine Herabsetzung der Grundflächenzahl (GFZ) erforderlich - eine Forderung, die ich bereits an die zuständigen Bezirkspolitiker herangetragen habe.
Bei meinem Gespräch mit den Investoren hat sich aber ganz deutlich gezeigt, dass sie gesprächsbereit sind und Änderungen am Planentwurf nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehen. Das ist positiv.
Eine Nachverdichtung bedeutet nicht automatisch eine Verschlechterung - der vorliegende erste Planentwurf enthält eine moderate Nachverdichtung, mit der man den Gartenstadt-Charakter ohne weiteres erhalten kann. Auch das von Ihnen befürchtete erhöhte Verkehrsaufkommen wird sich in Grenzen halten. Höchstwahrscheinlich wird sich sogar die momentan stressige Parkplatzsuche für die Mieter der Wulff´schen Siedlung zukünftig durch die geplanten Tiefgaragen entspannen. Auch die Anwohner der angrenzenden Einfamilien- und Reihenhäuser werden sich darüber freuen, sind sie doch derzeit oftmals die Leidtragenden, wenn ihre eigenen Grundstückszufahrten mehr oder weniger fast zugeparkt werden.
Bezüglich des fließenden Verkehrs sind die Auswirkungen auf den Wördenmoorweg zu untersuchen, innerhalb des Wohngebietes sind durch die schon jetzt vorhandenen Einbahnstraßen-Regelungen keine gravierenden Änderungen zu befürchten.
Momentan ist der B-Plan-Entwurf „Langenhorn 73“ in der Überarbeitung. Die bezirklichen Gremien werden noch etliche Änderungen einbringen, bevor dieser Entwurf in die öffentliche Auslegung geht. Erst nach dieser Auslegung und der Diskussion eventueller weiterer Einwände, die sogar zu einer weiteren Überarbeitung und erneuter Auslegung führen können, wird der Bebauungsplan von der Bezirksversammlung beschlossen werden. Die Vorlage des B-Planes in der Bürgerschaft ist dann ganz zum Schluß nur noch ein formaler Akt, denn die Diskussion und die Entscheidung muss in Langenhorn mit den jeweiligen Bezirksabgeordneten geführt werden - dafür wurden sie gewählt. Natürlich stehe ich jederzeit mit unseren Kommunalpolitikern im Dialog - denn anders als in den umliegenden Flächenländern sind in einem Stadtstaat wie Hamburg kommunale Fragestellungen kaum von den stadtstaatlichen Fragen zu trennen.
Sollten Sie weitere Fragen zu „Langenhorn 73“ haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Rugbarth