Frage an Andrea Nunne von Claus S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Nunne,
derzeit liegt der Bebauungsplanentwurf HafenCity 16 (Elbtower) öffentlich aus. Dazu gehört auch eine Begründung, die einen „Umweltbericht“ einschließt:
Der „Umweltbericht“ geht mit keinem Wort auf die Frage der CO2-Emissionen ein, die beim Bau des Elbtowers entstehen werden. Es ist bekannt, dass allein die Zementherstellung für rund acht Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen verantwortlich ist (siehe Artikel in der FAZ vom 19. November 2020). Bei einem Bau dieser Größenordnung dürften die CO2-Emissionen also ganz erheblich sein.
Man fragt sich, wie ein solches Bauprojekt in den Hamburger Klimaplan passt, bis zum Jahr 2030 die CO2-Emissionen um 55 Prozent zu senken. Angesichts des unzulänglichen Niveaus der gegenwärtigen Anstrengungen ist es unwahrscheinlich, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Mit Großprojekten wie dem Elbtower wird das Erreichen des Klimazieles doch noch ein Stück unwahrscheinlicher.
Wie mir scheint, besteht auch eine rechtliche Verpflichtung zur Erstellung einer CO2-Bilanz gemäß Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Hier ist auf Artikel 3 der Richtlinie zu verweisen und auf deren Anhang IV, in dem die Anforderungen an einen UVP-Bericht beschrieben sind. Ziffer 4 nimmt ausdrücklich auf Treibhausgasemissionen Bezug.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02011L0092-20140515&from=DE
Stimmen Sie mir zu, dass eine CO2-Bilanz erstellt und diskutiert werden sollte, bevor eine Entscheidung über die Genehmigung des Bebauungsplans getroffen wird?
Danke im Voraus für Ihre Antwort und
mit freundlichen Grüßen
Claus Suttor
Sehr geehrter Herr Suttor,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Frage, wie wir in allen unseren Plänen Klimaschutz wirksam werden lassen können, beschäftigt mich täglich in meinem politischen Tun.
Die jüngst beschlossenen Klimaziele der EU bedeuten insbesondere für Deutschland, in den kommenden neun Jahren klimapolitisch nochmal erheblich entschlossener vorgehen zu müssen. Wie wir das in Hamburg umsetzen im gesetzlichen und demokratisch legitimierten Rahmen, ist eine große Herausforderung. Bei einer nachhaltigen Stadtentwicklung müssen viele Belange berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden.
Meine stadtentwicklungspolitischen Kolleg*innen verweisen dabei u.a. darauf, dass der CO 2 -Belastung hier unter anderem der Aspekt gegenüber steht, dass Büroimmobilien weiterhin benötigt werden und durch Leerstand sich derzeit die Marktlage eher eng darstellt, vgl. [ https://www.engelvoelkers.com/de-de/commercial/blog/hamburg-b%C3%BCrofl%C3%A4chenleerstand-erreicht-mit-3--eine-kritische-grenze/ . Hier dazu ein paar Zahlen: Hamburg hat 15 Mio. qm Bürofläche. Da sind 400.000 qm im Vergleich gar nicht so viel – zumal pro Jahr etwa 250.000 qm gehandelt werden. Zusätzlich muss auch ein Blick auf die Verteilung geworfen werden: [ https://www.hdb-hamburg.de/fileadmin/user_upload/Marktberichte/BNP_Paribas_Q4-2020.pdf . St. Pauli verfügt über lediglich 3.000 qm Leerstand. Der Großteil des Leerstandes befindet sich am Stadtrand – City Süd, etc. Die hohen Leerstandsraten von ~ 1,5 Mio. qm in 2010 wurden vom Markt nahezu zu 2/3 beseitigt – ohne staatliche Eingriffe. Der Büroflächenmarkt funktioniert nach einer eigenen – langfristigen – Logik.
In Bezug auf den Betrieb des Gebäudes wird mit der Zertifizierung im Platin-Standard das Gebäude weitestgehend CO 2 -neutral sein. Auch ist ein Hochhaus grundsätzlich flächensparend.
Trotzdem haben Sie Recht: wir müssen immer und überall die C02-Bilanz hinterfragen, prüfen und ggf. wo möglich revidieren um diesem großen Zukunftsthema Klimagerechtigkeit gerecht zu werden.
Viele Grüße
Andrea Nunne