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Frage von Heidemarie F. •

Frage an Andrea Nahles von Heidemarie F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Nahles,

kann ich Ihre Antwort auf meine Frage vom 23.03.09 so interpretieren, dass z.B. zwei Ingenieure mit der gleichen bautechnischen Ausbildung, die 15 Jahre in einem VEB gearbeitet haben, die gleichen Tätigkeiten ausgeführt haben und vielleicht sogar dafür die gleichen Entgelte erhalten haben, der eine, der nie in die FZR der Technischen Intelligenz einbezahlt hat, aber am 30.06.1990 in einem VEB tätig war, bei seiner Rentenberechnung mit einem durchschnittlichen Gehalt z.B. von monatlich 1.100,00 Mark der DDR bis zur Beitragsbemessungsgrenze für die 15 Jahre Tätigkeit berücksichtigt wird, und sein Kollege mit einer 5 jährigen Beitragszahlung in die FZR von monatlich 60,00 Mark der DDR, der aber am 30.06.1990, warum auch immer (vielleicht weil er sich eine Woche vorher selbständig gemacht hat, einen Tag vorher den Betrieb gewechselt hat oder schon ein Jahr Bürger der BRD war),
nicht in diesem Betrieb tätig war, für diese Zeit seiner Tätigkeit, hier im Beispiel für 10 Jahre, nur ein Entgeld von 600,00 Mark der DDR (SVA) für die Berechnung der Rente berücksichtigt bekommt, obwohl er fast das Doppelte verdient hat?

Ist dies vom Gesetzgeber so gewollt?

Warum wird hier ungerechterweise die fiktive Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem von einem Stichtag abhängig gemacht, und nicht gerechterweise von den über Jahre erbrachten Leistungen und deren leistungsgerechte Entlohnung in diesem System?

Wurden eigentlich für alle weiteren 26 Zusatzversorgungssysteme von den Mitgliedern p e r s ö n l i c he monatliche Beiträge gezahlt?

Auch von den Berufsgruppen wie hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, der Parteien, Angehörige der NVA und des MfS?

Mit freundlichen Grüßen

Heidemarie Fischer

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Fischer,

wie ich bereits geschildert, handelt es sich bei der Einführung des Stichstages nun mal um eine höchstrichterliche Entscheidung, die Bestand hat. Im Ergebnis erhalten zwei Ingenieure, die beide zu DDR-Zeiten nicht Mitglied der AVI der technischen Intelligenz waren, unterschiedliche Rentenleistungen, wenn der Eine bis zum Stichtag in einem VEB diese Tätigkeit ausgeübt hat und der andere nicht. In der gerichtlichen Begründung hierzu hieß es entsprechend, dass derjenige, der am 30.06.1990 noch in einem VEB tätig war, noch darauf hoffen konnte, irgendwann in diese Zusatzversorgung aufgenommen zu werden. Der Andere, der sich - ihr Beispiel - selbstständig gemacht hatte oder diese Tätigkeit wegen Ausreise aufgegeben hat, hat damit für sich eine andere Entscheidung getroffen und seine Tätigkeit und damit auch die Möglichkeit auf Einbeziehung in die AVI aus eigenen Stücken beendet.
Nach Ihrem Beispiel würde der zweite Ingenier für die 5 Jahre FZR den vollen Verdienst berücksichtigt bekommen, für die Zeit ohne FZR in der DDR jedoch nur die SV-Pflichtgrenze i.H.v. 600 M der DDR.

Stichtage sind im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig, gerade um "willkürlichen" Entscheidungen zu begegnen. Ohne sie wären die Möglichkeiten zu Gesetzesänderungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Sozialversicherungsrechts und seiner Anpassung an geänderte Verhältnisse sehr begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, dass der Gesetzgeber Stichtage setzen kann, sofern diese nicht als völlig willkürlich erscheinen. Rechtfertigungen für Stichtage können in versicherungs- und rentensystematischen Gründen liegen, aber auch in finanziellen Erwägungen oder in Erfordernissen der verwaltungsmäßigen Durchführbarkeit. Es liegt auf der Hand, dass diejenigen, die die Voraussetzungen eingeführter Vertrauensschutzregelungen nicht erfüllen, hierüber enttäuscht sind. Dies ist für Vertrauensschutzregelungen, jedoch nie zu vermeiden. Jede andere Abgrenzung würde von anderen Personengruppen, die dann nicht in den Vertrauensschutz einbezogen sind, wiederum als Härte empfunden. Insofern ist jede Regelung, die aus sozialpolitischen Gründen einen bestimmten Personenkreis begünstigt, für diejenigen "nachteilig", die nicht zu diesem Personenkreis gehören.

Beste Grüße
Andrea Nahles