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Andrea Nahles
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Frage von Luise R. •

Frage an Andrea Nahles von Luise R. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Nahles,
im vergangenen Monat haben wir, Ihnen als Abgeordnete aus Rheinland- Pfalz, gemeinsam mit dem Medinetz Koblenz e.V. und Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. per Post einen Apell zum im Februar 2019 erschienen Referentenentwurf zum Geordneten-Rückkehr-Gesetz aus dem Bundesinnenministerium (BMI) gesendet. Vier Punkte in diesem Entwurf sehen wir als höchst problematisch an. Die vollständige Stellungnahme haben wir auch auf unserer Homepage veröffentlicht: http://www.medinetzmainz.de/aktuelles/
Wir bitten Sie um eine kurze Stellungnahme Ihrerseits vor der geplanten Abstimmung über den Gesetzesentwurf.
Mit freundlichen Grüßen,
M. M. e.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass Ausreisepflichtige stärker danach unterschieden werden sollen, ob sie unverschuldet an der Ausreise gehindert sind oder ob sie selber die Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht verhindern.
Mit dem Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (Geordnete-Rückkehr-Gesetz) soll deshalb eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ als Unterfall der Duldung eingeführt werden. Diesen Status erhalten Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind aber über ihre Identität getäuscht, falsche Angaben gemacht oder zumutbare Bemühungen zur Passbeschaffung (insbesondere die Beantragung eines Passes bei der Botschaft des Herkunftsstaates) nicht vorgenommen haben. Diese Personen unterliegen künftig einer Wohnsitzauflage, dürfen keine Beschäftigung aus-üben und müssen mit Bußgeldern rechnen.

Auch diese Personen behalten den Status als „Geduldete“. Es wird – anders als von BMI zunächst vor-geschlagen – keinen neuen, niederrangigeren Status einer „Ausreiseaufforderung“ geben, in dem die Betroffenen dauerhaft verblieben wären. Die Betroffenen können die ihnen zumutbaren Mitwirkungspflichten nachholen, sich ehrlich machen und sich damit aus der „Duldung mit ungeklärter Identität“ durch eigenes Tun „befreien“. Die (neuen) Ausbildungs- und Beschäftigungsduldungen sind von der Anwendung dieser Duldung ausgenommen. Bis zum 1.7.2020 werden zudem bestehende Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse von der neuen Duldung und damit dem Beschäftigungsverbot ausgenommen.

Personen, die wegen Sozialleistungsbetrugs oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt wurden, sollen leichter ausgewiesen werden können.

Damit sich ausreisepflichtige Personen nicht fortgesetzt durch Untertauchen einer Abschiebung entziehen, werden die Vorschriften zur Abschiebehaft und zum Ausreisegewahrsam praktikabler ausgestaltet.
Um dem Mangel an Abschiebungshaftplätzen zu begegnen, wird bis zum 30. Juni 2022 vorübergehend eine Unterbringung von Abschiebungsgefangenen in sämtlichen Hafteinrichtungen möglich. Eine klare räumliche Trennung von Strafgefangenen und Abzuschiebenden muss dabei aber weiterhin gewähr-leistet sein. Familien sind getrennt von übrigen Abschiebehäftlingen unterzubringen. Die Zumutbarkeit bzw. Zulässigkeit der Unterbringung in einer Haftanstalt wird weiterhin im konkreten Einzelfall beispielsweise bei vulnerablen Personen geprüft.

Die Frist für die Überprüfung des Schutzstatus durch das BAMF wird für die Entscheidungen der Jahre 2015, 2016 und 2017 von drei auf bis zu fünf Jahre verlängert. Die Verlängerung dieser Überprüfungsfrist soll dem BAMF ermöglichen, eine umfassende und qualitativ hochwertige Prüfung vorzunehmen. Zudem wird die Aufgabe der Passersatzpapierbeschaffung im Wege der Amtshilfe von der Bundespolizei auf das BAMF übertragen.

Dass zu diesem Gesetz an mehreren Stellen von gesellschaftlichen Gruppen Kritik kommt, ist selbstverständlich und wird von uns auch partizipiert. Das ist der Normalzustand in unserer Demokratie.
Bedenken Sie aber bitte auch: dies ist das Ergebnis eines Kompromisses mit dem CSU-geführten Innenministerium - nicht mehr und nicht weniger .

Beste Grüße,
Andrea Nahles