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Frage von Tina M. •

Frage an Andrea Nahles von Tina M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Nahles,

bei den Renten gibt es bekanntlich den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor, mit dem die steigende Zahl der Rentner (also die demographische Entwicklung) berücksichtigt werden soll. Dagegen ist an sich ja nichts einzuwenden: wenn die inflationsbereinigten Löhne nur im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum (Produktivität) ansteigen, wie es in Ihrem Grundsatzprogramm gefordert wird, kann der Lebensstandard aller Rentner gehalten werden oder sogar steigen und Altersarmut wäre vermeidbar. Erwartet wird langfristig ein Wachstum von 1-2 % p.a.

Nun stellt sich trotz allem die Frage, warum dieser Nachhaltigkeitsfaktor und die Riestertreppe auch auf die jährliche Neuberechnung des Arbeitslosengeld II übertragen wird. Was haben die Riester-Rente und die Demographie bitteschön mit der Höhe der sozialen Grundsicherung zu tun? Braucht ein Arbeitsloser weniger Geld, weil der Staat die Menschen zum Alterssparen animiert und es immer mehr Rentner gibt? Da stellt sich doch der Eindruck ein, dass es in Wirklichkeit um eine schleichende Kürzung der Arbeitslosenunterstützung geht. So wären die Forderungen einiger Professoren nach drastischen Unterstützungskürzungen um ein Drittel und mehr "zur Erhöhung der Arbeitsanreize" auf lange Sicht doch noch umgesetzt. Klar, in Wirklichkeit existieren heute 3 Millionen offene Stellen für Langzeitarbeitslose, die wegen Faulheit nicht besetzt werden können. Und zu den Mindestlohnplänen der SPD passt das auch nicht.

Die Inflationsrate für Arbeitslose dürfte übrigens bei weit mehr als den derzeitigen 3 % liegen, da diese einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. 1,1 % Erhöhung bedeuten also mindestens 2-3 % Kürzung in diesem Jahr. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen auf die Lebensmittel-Tafeln angewiesen sind.

Warum haben Sie und die SPD-Linke sich nicht gegen die Kopplung von Hartz IV an die Renten(kürzungen) gewehrt?

Herzliche Grüße
Tina Mertens

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Mertens,

sowohl mit der Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen in der Rentenanpassungsformel als auch des Verhältnisses von BeitragszahlerInnen zu RentnerInnen wird das Rentenniveau langfristig reduziert, damit der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 % im Jahr 2020 und 22 % im Jahr 2030 steigt.
Man kann sicherlich darüber streiten, ob diese Werte der Weisheit letzter Schluss sein müssen. Allerdings glaube ich nicht, dass es sozialpolitisch sinnvoll wäre, wenn eine Leistung, die durch eigene Beiträge vorfinanziert ist, in geringerem Umfang ansteigen würde, als dies bei einer bedürftigkeitsorientierten Leistung, die unabhängig davon, ob der Empfänger jemals Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat, in gleicher Höhe gezahlt wird. Das wäre der Fall, wenn die Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder SGB XII (Sozialhilfe) nach der Inflationsrate angepasst würden.

Ich halte daher die Koppelung der Fortschreibung der Regelsätze an die Höhe der Rentenanpassung für richtig. Allerdings muss sicher gestellt sein, dass regelmäßig überprüft wird, ob diese Höhe ausreicht und die LeistungsempfängerInnen befähigt, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Ich unterstütze daher Überlegungen, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die die Grundlage für die Regelsatzbemessung ist und gegenwärtig alle 5 Jahre stattfindet, zukünftig in kürzeren Abständen durchzuführen.

Beste Grüße
Andrea Nahles