Frage an Andrea Nahles von Manfred S. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Nahles,
im Bundestag sind überwiegend Juristen vertreten, die entweder als Spitzenkandidat von den Parteien aufgestellt oder über einen vorderen Platz bei der Zweitstimme auf dem Wahlzettel abgesichert werden. Es ist deshalb vollkommen gleichgültig ob man Schwarz, Rot, Gelb oder Grün wählt, man wählt fast immer einen Juristen. Wer keinen Juristen wählen möchte, hat es sehr schwer in Deutschland. Wir brauchen deshalb dringendst eine Wahlrechtsreform um die Wahlmüdigkeit zu stoppen. Der mündige Bürger soll seine Kandidaten selbst bestimmen können und die Möglichkeit haben, einen Bürger aus dem Volke der die wirklichen Sorgen der Menschen kennt, wie z.B. Krankenschwester, Polizisten oder Handwerker, wählen zu können.
Aus diesem Grunde soll das Wahlgesetz bei den Bundestags- und Landtagswahlen wie folgt geändert werden:
Bei der Erststimme soll jede Partei auf dem Wahlzettel 3 Politiker zur Auswahl für die Wahl stellen.
Bei der Zweitstimme sollte man wie bei der Stadtratswahl in München, den Kandidaten auf dem Wahlzettel selbst aussuchen können.
Nur dadurch hat man auch mal die Möglichkeit einen Politiker mit Sachverstand zu wählen. Wir brauchen mehr Normalbürger und viel weniger Juristen als Volksvertreter. Es ist schon grotesk wenn ein Jurist neben seiner Abgeordnetentätigkeit auch noch in einer Anwaltspraxis tätig ist.
Ältere Menschen ( ca. 20 Millionen Menschen ) werden zum Beispiel überhaupt nicht mehr durch eine Partei oder durch einen Politiker wahrgenommen. Warum soll die ältere Generation in diesem Staat eigentlich noch zur Wahl gehen?
Ich würde Sie als stellvertretende Parteivorsitzende der SPD bitten, meine Anregung zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
M. Sollinger
Sehr geehrter Herr Sollinger,
es ist richtig, dass insbesondere die Berufsgruppe der Juristinnen und Juristen derzeit im Deutschen Bundestag vertreten ist. Ich möchte aber auch darauf verweisen, dass es sich um 143 von 612 Abgeordneten handelt. Weitere 121 Grundberufe finden wir unter den derzeitigen Abgeordneten. Insofern stimmt es nicht, dass man beim Gang ins Wahllokal ausschließlich Juristinnen und Juristen wählt.
Über Wahlrechtsreformen lässt sich viel und lange diskutieren, aber ich denke nicht, dass der erlernte Beruf Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit eines zukünftigen Abgeordneten oder seine Sensibilität gegenüber Problemen in der Gesellschaft zulässt. Im Übrigen ist auch ein Jurist, ein Bürger aus dem, wie Sie sagen, "Volke".
Ich denke, es kommt weniger auf den erlernten Beruf, sondern mehr auf das persönliche Engagement des Einzelnen im Parlament und die glaubwürdigen politischen Projekte seiner Partei an. Vor diesem Hintergrund sehe auch eher, die von Ihnen benannte Wahlmüdigkeit.
Beste Grüße
Andrea Nahles