Frage an Andrea Nahles von Ilona S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
ich bin Schülerin einer 10 Klasse des Gymnasiums in Mayen und möchte Sie gerne nach Ihrer Meinung zu einem Thema befragen, das wir momentan im Sozialkundeunterricht behandeln.
Wir haben eine Karikatur von Sepp Buchegger zum Thema Wahlen besprochen, die den Wahlkampfmethoden der Parteien sehr kritisch gegenübersteht. Auf der Karikatur sind drei Personen zu sehen, von denen eine im Vordergrund steht und fast doppelt so groß ist wie die anderen beiden. Diese Person symbolisiert den Wähler. Sie ist gekleidet wie ein König, sprich sie hat eine Krone auf, einen Mantel mit Hermelinpelzkragen an, einen Reichsapfel und einen Bleistift als Zepter in der Hand. Ein Wählerkreuz ist auf der Brust der Person zu sehen. Außerdem hat der Wähler einen etwas dummen oder naiven Gesichtsausdruck. Die anderen beiden Personen, die Parteien symbolisieren (keine bestimmten Parteien) und im Hintergrund zu sehen sind, sind wie Pagen oder etwas ähnliches gekleidet. Sie tragen dem Wähler den Mantel hinterher und grinsen sich mit einem Ausdruck an, den man nur als verschmitzt bezeichnen kann. Über der Karikatur steht: "Seine Majestät, der Wähler". Drunter: "Ist ja Gottseidank nur einmal in vier Jahren!"
Ich bin nicht sicher, ob meine Beschreibung der Karikatur ausreicht um zu verstehen, dass sie sozusagen den Wahlkampf der Parteien kritisiert. Der Meinung des Karikaturists nach interessieren sich die Parteien bloß während der Wahlen für ihre Wähler und geben ihnen den Eindruck, wichtig zu sein (daher der König), damit sie ihre Stimmen bekommen, während sie ihnen in der übrigen Zeit jedoch egal sind.
Nun würde ich gerne Ihre Meinung zu diesem Vorwurf hören, da es sich doch um ein recht ernstes Thema handelt und es sicherlich einige Bürger gibt, die der Meinung (und damit der Kritik) des Karikaturists zustimmen.
Bitte nehmen Sie dazu Stellung.
Gruß, Ilona Stolpner
Sehr geehrte Frau Stolpner,
ich finde es schwierig, mich auf eine Karikatur zu beziehen, die ich selbst nicht kenne. Jedoch wird in Ihrer Frage natürlich deutlich, welches Problem angesprochen werden soll. Wobei Karikaturen immer zuspitzen und nicht differenzieren.
Es wird Sie sicher nicht verwundern, dass ich diese Kritik als aktive Politikerin so nicht in Raum stehen lasse. Darüber hinaus ist dieser Vorwurf ja auch nicht neu. Über die Art und Weise eines Wahlkampfes lässt sich trefflich streiten. Ich finde auch nicht immer alles richtig in Wahlkämpfen, aber es wird nie den einen Wahlkampf geben, den alle super finden. So unterschiedlich die Parteien sind, so verschieden sind auch diejenigen, die angesprochen werden sollen.
Ein Blick in meinen Terminkalender zeigt, dass ich über Wahlkämpfe hinaus viele Veranstaltungen bestreite sowie eine regelmäßige Rückkoppelung auch in meinem Wahlkreisbüro mit Bürgerinnen und Bürgern suche und habe. Von meinen Kolleginnen und Kollegen weiß ich, dass auch ihre Terminkalender oft gut gefüllt sind.
Grundsätzlich sind mir Menschen nicht einfach egal und trotzdem werde ich mit meinen politischen Vorstellungen nicht jeden begeistern oder erreichen, denn es gibt nicht die Bürger mit gleichen Interessen. Ein überzeugter CDU-Wähler wird viele meiner Forderungen falsch finden, so wie ich mich ja auch bewusst für die SPD als Partei entschieden habe.
Insofern kann ich mit pauschaler Verurteilung von politischen Prozessen immer wenig anfangen, bin aber gern bereit differenzierte Diskussionen zu führen.
Beste Grüße
Andrea Nahles