Frage an Andrea Nahles von Arnold D. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Nahles,
wie kann es sein, dass die SPD zulässt, das die Betriebsrenten mit dem doppelten Satz an Krankenkassenbeitrag belastet werden, und das seltsamerweise nur bei den gesetzlich krankenversicherten ?????
Solche Beschlüsse sind für den normalen Bürger wie ich einer bin (ich war mal SPD-Mitglied) nicht zu begreifen.
Ich bekomme keine Betriebsrente von ca. 100.000 Euro , sondern evtl. eine von 20.000 Euro. Warum soll ich darauf noch Steuern bezahlen und noch den vollen Krankenkassenbeitrag ??
Das ist doch staatlich verordneter Diebstahl.
mit freundlichen Grüßen
Arnold Dreis
Sehr geehrter Herr Dreis,
zu Ihrer Frage: Die Anwendung des vollen Krankenkassenbeitragssatzes auf Betriebsrenten sowohl für Pflichtversicherte als auch für freiwillig versicherte Rentner gilt seit dem 1. Januar 2004. Der Grund hierfür liegt darin, dass die eigenen Beitragszahlungen der Rentner heute nur noch etwa 40 % ihrer Leistungsaufwendungen in der Krankenversicherung abdecken.
In den 1970er Jahren deckten die Zahlungen noch etwa 75 % der Aufwendungen. Diese Zahl hat sich durch den demographischen Wandel leider drastisch verringert. Um die Belastung der erwerbstätigen Beitragszahler nicht noch stärker ansteigen zu lassen und die Lohnnebenkosten zu senken, ist es erforderlich, die Rentner wieder verstärkt an der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu
beteiligen.
Krankenversicherungsbeiträge auf Betriebsrenten sind schon immer alleine vom Versicherten zu tragen. Diese Regelung fördert die Bereitschaft des Arbeitgebers, sich freiwillig am Aufbau einer Betriebsrente mit eigenen finanziellen Aufwendungen zu beteiligen. In der Vergangenheit wurde für pflichtversicherte Rentner nur die Zahlung des halben Beitrags veranschlagt, während bei freiwillig Versicherten der volle Betrag an die Krankenkassen abgeführt wurde. Diese Ungleichbehandlung wurde mit der Gesetzesreform zum Januar 2004 beendet.
Diese Neuregelung hat, wie auch von Ihnen, erhebliche Kritik erfahren. Vor allen Dingen wurde eingewandt, dass Kapitalleistungen nicht doppelt verbeitragt werden dürften. Hierzu ist festzustellen, dass auch aus der Rente Krankenversicherungsbeiträge erhoben werden. Obwohl die Arbeitnehmer schon in der Ansparphase aus dem Arbeitsentgelt Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen hatten, erklärte das Bundessozialgericht hierzu folgendes: Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sind selbst dann beitragspflichtig, wenn sie allein auf freiwilligen Beiträgen beruhen und der Rentner niemals eine Berufstätigkeit ausgeübt hat.. Für die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen können keine anderen Grundsätze gelten.
Herr Dreis, mir ist durchaus bewusst, dass meine Antwort Sie wohl nicht zufrieden stellen wird. Aber bedenken Sie, dass der demographische Wandel die Finanzierung der Alters- und Krankenvorsorge vor neue Probleme stellt. Die längere Lebensdauer geht nun mal mit einer längeren Rentenbezugszeit einher. Die Beitragspflicht zur Krankenkasse berücksichtigt stets die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Beitragszahler. Sie ist dennoch zwingend nötig, um den Bestand des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten. Die Versicherten sind im Rahmen des Solidaritätsprinzips an der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen beteiligt, erhalten dafür aber im Gegenzug auch einen umfassenden Krankenversicherungsschutz. Ich denke, dass wir trotz allem ein gerechtes System geschaffen haben, an dem alle – Rentner wie auch Arbeitnehmer – solidarisch beteiligt sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Andrea Nahles