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Frage von Kerstin L. •

Frage an Andrea Nahles von Kerstin L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Nahles,

vermutlich werden Sie mich, wie bei anderen Fragenstellern zu dem Thema, an Frau Mast oder Frau Griese verweisen. Ich habe den Beiden schon geschrieben.

Von Ihnen würde ich mir eine konkrete Antwort zum Thema Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrentnern im Bestand wünschen. Als Vorsitzende der SPD müssen Sie den Standpunkt der Partei ja genau kennen.

In der Vergangenheit wurden Verbesserungen immer kategorisch ausgeschlossen (auch zu Ihren Zeiten als Bundesministerin für Arbeit und Soziales). Trotzdem stand auf der Homepage der SPD "Verbesserungen für alle, bei denen die Gesundheit nicht mehr mitspielt."
Nachdem bei dieser Personengruppe der Unmut immer deutlicher wird, hat die SPD den Satz umgeändert (für zukünftige Fälle").
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfielt dem Bundesrat auch Verbesserungen für den Bestand umzusetzen (Drucksache 425/1/18)

In diesem Ausschuss sitzen natürlich auch mehrere SPD-Abgeordnete.

Können Sie mir erklären, warum es hier scheinbar keine klare Haltung innerhalb Ihrer Partei gibt?

Mit freundlichen Grüßen
K. L.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau L.,

es ist richtig, dass Menschen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, leider nicht von den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente profitieren. Diese Situation ist natürlich für diejenigen, die bereits vorher in Rente waren, sehr unbefriedigend und auch wir als SPD würden uns wünschen, dass Verbesserungen in diesem Bereich auch für Bestandsrentnerinnen und -rentner gelten. Dabei handelt es sich jedoch um eine komplizierte und vielschichtige Angelegenheit, bei der verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sind:

Würde man die Regelungen auch auf den Bestand übertragen, so müsste eine komplette Neuberechnung aller bestehenden Rentenbezüge auf Grundlage des jetzt geltenden Rechts vorgenommen werden. Dies wäre nicht nur mit einem enormen Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden, sondern könnte im Einzelfall – durch andere zwischenzeitlich erfolgte Rechtsänderungen – auch zu Verschlechterungen führen. Dieses Risiko können und wollen wir nicht eingehen. Eine gerechte und rentenrechtlich stimmige Lösung war hier leider zu keinem Zeitpunkt in Sicht. Auch war diese Problematik, die unter der Überschrift „Stichtage in der Rentenversicherung“ zusammengefasst werden kann, schon häufig Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Stichtage (also das festzulegende Datum, ab wann eine gesetzliche Regelung gilt; im Falle der aktuellen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sind dies Personen, die ab dem 1. Januar 2019 als Neurentnerinnen oder Neurentner eine EM-Rente beziehen) sind im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig, um „willkürlichen“ Entscheidungen zu begegnen. Ohne sie wären die Möglichkeiten zu Gesetzesänderungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Sozialversicherungsrechts und seiner Anpassung an geänderte Verhältnisse sehr begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat daher in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, dass der Gesetzgeber verfassungsmäßige Grundsätze wahren muss und nicht in bereits laufende Ansprüche verschlechternd eingreifen darf. Würde das Gesetz solche Stichtagsregelungen nicht kennen, wären wie oben beschrieben auch Verschlechterungen durch eine neue Gesetzgebung möglich. Stichtage sind insofern auch ein Schutz für bereits laufende Renten. Denn auch im Fall von Leistungseinschränkungen, die es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten in der Vergangenheit auch schon geben musste, blieben und bleiben bestehende Renten aus Vertrauensschutzgründen grundsätzlich unangetastet.

Als SPD werden wir auch weiterhin nach Lösungswegen suchen, um auch Menschen im Bestand eine Verbesserung ihrer Situation zu ermöglichen.

Beste Grüße
Andrea Nahles